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schandfleck.ch_archiv/2004/oktober
daniel costantino

homogen und heterogen

italienische forscher haben jetzt herausgefunden, dass es ein gen geben soll, welches imstande sei, ihr sogenanntes darwinsches paradoxon zu lösen - die menschheitsbewegende frage nämlich nach dem ursprung der homosexualität, die es nach darwin eigentlich gar nicht geben dürfte. ihr wisst, in der evolution setzen sich bekanntlich nur jene komponenten durch, die eine weitergabe des genmaterials an die nächste generation am besten unterstützen. der rest verschwindet dann durch restriktive selektion, so grimmig gehts da zu und her, im laufe der epochen. nun wussten ja schon die früheren wissenschaftler viel, vor allem war ihnen seit darwin sofort klar, dass homosexuelle sich im durchschnitt deutlich weniger zahlreich fortpflanzen als heterosexuelle. warum, so haben die sich seither gefragt, können die homosexuellen bloss unsere so fein ausgedachte selektion überlebt haben. daran haben die sich seit jahrzehnten und jahrhunderten verschlissen, ganze karrieren diesem tema geopfert und doch nichts erklärendes herausgefunden und für ihr edles bemühn nicht einmal moralischen rückhalt von der katolischen kirche gekriegt. wo doch ihre selektionsteorie so astrein und objektiv, daran zu rütteln würde niemandem im traume einfallen, nur dem papst und seinen kardinälen. das italienische forscherteam hat diesem peinlichen unvermögen in sachen homosexualität nun ein ende gesetzt, und generationen von wissenschaftlern, die mit roten ohren über dem komplex gebrütet haben, können aufatmen: ein gen ists, was schwul macht, und es ist trotzdem noch zu was nütze, wer hätts gedacht! man muss schon den hut ziehen vor diesen italienischen forschern. ich denk mir, man wirds eines tages auch herausfinden, wenn man nur will, die tragen halt ein besonderes gen auf sich, ein speziell etruskisches oder so, vielleicht wird mans eines tages genitaliengen nennen, vulgo gen italien. es nistet nur im hirne des italienischen männlichen und heterosexuellen forschers und steuert manche funktion des hirns, namentlich des denkapparates. das können nicht alle forscher der welt von sich behaupten, solch ein gen zu haben! vielleicht gibt es sogar homosexuelle italienische forscher, die am projekt beteiligt sind, das würfe dann wieder eine paradoxe frage auf: schwule ticken wie heteros, völlig wider ihre natur. ein schwulengen und ein gen italien gleichzeitig zu haben, kann nicht ganz einfach sein im leben. aber diese problemstellung sprengt den bescheidenen rahmen meines artikels.

ihr wisst alle, was gene sind? was früher die atome: kleinste, nicht mehr teilbare teilchen, ziemlich robust und nicht totzukriegen. aber daran wird gearbeitet, warten wirs ab. die kernspaltung hats vorgemacht, freut euch nicht zu früh, ihr schwulen! ich bin noch mit den atomen grossgeworden, unsere lehrerin hat das an grossen tafeln erklärt, mit runden kügelchen und grafischen modellen, molekülen, so einer art gensträngen mit lauter unteilbaren atomen dran, und nachher, hat sie gesagt, komme gar nichts mehr, darauf sei die ganze welt gebaut. dann sind aber die atomprogramme gekommen und jetzt sind wir wissenschaftseidank bei den genprogrammen, bis man eines tages auch hier nach belieben spaltet und fusioniert und anreichert. wer jetzt an genetisch veränderte lebensmittel denkt, hat die sache begriffen, das ist schon mal ein schöner anfang und beweist die richtigkeit der teorie. ich freu mich schon auf die genbombe unserer freiheit zuliebe und den ersten weltumspannenden genkrieg der menschenrechte wegen.

um auf das homogen zurückzukommen, das unscheinbar kleine, rätselhafte ding: die italiener haben herausgefunden - halt, vielleicht sollte ich nicht italiener sagen, sondern italienische forscher, aber das ist so mit diesen genprogrammen, da wird alles über eine leiste geschlagen, die schwulen, die frauen, die dicken, die rassen, undsoweiter. sie haben herausgefunden, dass die mütter homosexueller männer fruchtbarer seien als solche, die heterosexuelle söhne haben, und dass irgendwie auch ihre tanten fruchtbarer seien und so. man hat das akribisch untersucht, und zwar keineswegs etwa an wühlmäusen oder exotischen insekten, die in andern fällen der genforschung schon ganz schön was für uns hominiden geleistet haben, sondern an 198 männern, die stellvertretend für die menschheit sich haben unter die gene gucken lassen. oder so ähnlich, ich weiss jetzt auch grad nicht, wie das genau abläuft. und zwar seien 100 heterosexuelle und nur 98 homosexuelle am versuch beteiligt gewesen. der eine oder andre wird sich jetzt sicher fragen, weshalb man nicht gleichviele männer beider sorten habe nehmen können, irgendwie stimmt ja dann das verhältnis und infolge das ergebnis nicht mehr ganz genau. das lässt sich einfach erklären durch den umstand, dass die resultate für die heterosexuellen männer, also für den mann an und für sich, noch vernichtender ausgefallen wären. man weiss ja heutzutage, auch ohne genforschung, dass so ein heteromann schwer um sein ansehen zu kämpfen hat in der gesellschaft, dass sein verhalten nicht mehr überall toleriert wird, dass dauernd wildgewordene weiber und emanzen und experten auf ihm herumhacken und sein image schwer beschädigen, so dass es ihm heute schwerfällt, noch ein richtiges, urmännliches markier- und machogehabe an den tag zu legen, sein selbstwertgefühl leidet, er greift zu drogen und gewalt, man kennt das ja mittlerweilen zur genüge. damit nun die sache der forschung wegen nicht eskaliert, wollte man ihm sein manko der minderen fruchtbarkeit schonend beibringen, denn es fällt ja doch auch auf ihn zurück, fast unfruchtbare mutter, die auswirkungen auf seine genetisch vererbte schwache potenz, da er ja nicht im besitze eines homogens, sondern nur ein kümmerliches, abträgliches, der darwinschen selektion völlig spottendes heterogen vorzuzeigen hat. damit er sich nun nicht noch kränker und minderwertiger fühlt als eh schon, ihr versteht. die mütter mit dem homogen, welches sie an die söhne, keineswegs an ihre töchter weitervererben, sind also fruchtbarer und folgen beflissen den darwischen vorgaben und haben im schnitt 2,7 kinder, ihre evolutionär minderbemittelten kolleginnen deren aber durchschnittlich nur 2,3. immer eingedenk der tatsache, dass zwei heterosexuelle mehr am versuch beteiligt waren und somit als darwinsche rasse eigentlich begünstigt wurden. wieviele söhne die neandertalerinnen in der freien evolutionären wildbahn im schnitt geworfen haben, vor allem die heterosexuellen, kann man aus naheliegenden gründen leider nicht mehr ermitteln. aber gewiss waren auch sie unfruchtbarer als ihre genetisch begünstigten genossinnen.

ihr könnt ja nun selbst ausrechnen, wie es um euch steht. ihr zählt einfach die anzahl eurer geschwister zusammen, und schon wisst ihr bescheid. manchem manne wird dies nun bei der identitätsfindung gewiss weiterhelfen. sagen wir mal, einer habe weniger als 1,7 geschwister. dann muss er logischerweise hetero sein, das hat die wissenschaft ja nun herausgefunden. stellt euch vor, der hat sich bislang möglicherweise als schwul definiert und von seiner eigentlichen veranlagung nichts gewusst! der ist irgendwie der schwulen propaganda aufgesessen, von seinem umfeld wurde immer erwartet, dass er einen freund und nicht eine freundin, gott bewahre, nachhause bringe. dem ist eingetrichtert worden, homosexualität sei die natürlichste sache der welt, der liess sich durch keine verführungen und bemühungen seitens des schönen geschlechts verleiten, etwas gegen seine vermeintliche natur zu tun - und nun das! jetzt wird er sich natürlich freuen, ihm wird dämmern, dass seine jahrelang unterdrückte identität, sein heterosein, nichts krankhaftes an sich haben muss, dass es keineswegs an seinem schlechten charakter liegt undsoweiter. man darf also gespannt sein, wieviele solche männer nun in der nächsten zeit ihr comingout als heteros durchmachen werden, es müssten eigentlich heerscharen sein, falls sich die italienischen forscher nicht geirrt haben. auch meine eigne mutter, wenn ichs mir überlege, bildet da entweder eine darwinistische ausnahme oder - also die mit ihren zweikommanullsöhnen! ich muss schwer über die bücher, wies ausschaut, und mich endlich, endlich von meiner zwangshomosexualität befreien und sie als in meinem falle widernatürlich verwerfen. ausser vielleicht, dass da noch irgendwo ein halbbruder oder nullkommasiebenbruder von mir herumläuft, von dem ich bislang gar nichts gewusst.

die wissenschaft macht eben laufend fortschritte, noch nie so laufend wie heutigentags. war ja bislang auch wirklich schwer einzuordnen, diese geschichte mit heterogenese und homogenese. das heterogen wird es wohl noch eine zeitlang bleiben müssen. eigentlich, da es unfruchtbarer macht als das homogen, erscheint es als ziemlicher evolutionärer unfug. damit erhalten logischerweise die jahrtausendalten teorien auftrieb, heterosexualität sei an sich widernatürlich, werde durch einen dominanten vater, eine pflegebedürftige mutter, ein schlimmes erlebnis, psychische störungen, aversionen gegen den eigenen körper etcetera etcetera verursacht. da wird es noch einiges an aufklärungsarbeit brauchen, den heterosexuellen männern zu erklären, dass sie nichts dafür können, höchstens, dass man natürlich versuchen könnte, dies nutzlose und der natürlichen selektion widersprechende heterogen via genmedizin auszurotten oder inaktiv zu machen, wer weiss, eines tages. die steigenden krankenkassenprämien und die leeren sozialkassen sprächen gewiss dafür. ob man schon beginnen sollte, von nichtpraktizierenden heterosexuellen zu sprechen? aber schuld, es sei hier wirklich ausdrücklich betont, sind die heterosexuellen nicht eigentlich für ihr verlangen, das sie sich keineswegs haben aussuchen können, und der christliche glaube, ihre sexualität sei sünde, ist nun dank der forschung widerlegt, endgültig. heterosexualität ist nur noch eine abweichung der natur selbst, sozusagen.

man sieht, es kann befreiend wirken, nicht ans christentum zu glauben, man beginnt dann viele mitmenschen mit weniger diskriminierenden augen anzuschauen. ich für meinen teil warte gespannt auf weitere ergebnisse aus der genforschung. zum beispiel darauf, dass man mir eines tages wird beweisen können, ich hätte ein pfeifengen, ein von der väterlichen evolutionären linie vererbtes tabaksgen. das würde mir helfen, meine nikotinsucht endlich zu durchschauen als etwas, was tatsächlich einen sinn macht und eigentlich auch dem überleben dient, der arterhaltung, kurz: dem sieg, weil es mich in alten zeiten nämlich befähigte, wegen meiner sucht feuer zu entfachen, daran sich dann die ganze ursippe wärmen konnte und ihre sorgen vergessen, da entstand dann evolutionär der beruf des erzählers, die selektion beförderte deswegen die kunst des märchenerzählens, die urmenschen hörten zu, entspannten sich von der plackerei des tages und schöpften mut und frische kraft im kampf gegen die bösen barbaren. nun bin ich aber froh! doch noch ein nützlicher mensch zu sein und werde nun schöne argumente parat haben im kampf gegen die unterdrückung, die rauchenden menschen immer häufiger und immer restriktiver begegnet. ich bin kein volksschädling, der die sozialsysteme über gebühr belastet, wie ich mir immer eingeredet habe wegen meiner sucht, sondern doch eigentlich gerade aufgrund meiner raucherei ein sehr sozialer, wahrhaft dem gemeinwohl dienender mensch.

nur eins beschäftigt mich noch, ich schnapp es einfach noch nicht: wenn doch das homogen die frauen viel fruchtbarer macht, weshalb sind dann die heterosexuellen mütter noch nicht ausgestorben?

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