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schandfleck.ch_archiv/2004/juli/leserbrief
heinrich frei
 

occasions kriegsmaterial verschrotten, nicht verkaufen!

die schweiz will riesige mengen von überzähligen rüstungsgütern ins ausland exportieren, oder hat sie schon exportiert. der verkauf unterliege der schweizer kriegsmaterial-exportgesetzgebung, versicherte gody huber von armasuisse, der den verkauf der ware organisiert. die politische lage in den exportländern werde vorher beurteilt, versprach er. auch der luzernische sozialdemokratische nationalrat hans widmer glaubt, es werde beim verkauf dieser occasions rüstungsgüter darauf geachtet werden, wohin und in welche situation hinein verkauft werde…

schweiz ist grotesk überrüstet

"kein land der erde weist eine derart hohe militärische dichte auf wie schweiz", wurde 1991 von den initianten der volksinitiativen für abrüstung und für ein waffenausfuhrverbot festgestellt. gemessen an der kleinheit ihres territoriums war die schweiz damals, und heute auch noch, geradezu grotesk überrüstet. die schweiz verfügte 1991 über 820 kampfpanzer, während grossbritannien mit 1170, frankreich mit 1340 und italien mit 1720 nur unwesentlich mehr besassen. mit 1400 artilleriegeschützen hielt die schweiz in diesen jahren gemeinsam mit deutschland (1460) gar mit grossem abstand einen europäischen spitzenplatz. (1)

…der export unterliege der kriegsmaterialexportgesetzgebung…

nach dieser grotesken überrüstung der neunziger jahre des letzten jahrhunderts wird uns jetzt ein riesiger verkaufskatalog von occasions kriegsmaterialgütern der gruppe rüstung vorgelegt. (2) die überzähligen rüstungsgüter sollen verkauft werden. beim verkauf wird zwar darauf geachtet werden wohin und in welche situation hinein verkauft wird, glaubt auch der luzerner sozialdemokratische nationalrat hans widmer blauäugig. der verkauf von gebrauchtem rüstungsmaterial unterliege der schweizer kriegsmaterial-exportgesetzgebung, versicherte gody huber von armasuisse, der den verkauf der ware organisiert. dabei werde, schreibt gody huber, in jedem fall vor erteilung der exportbewilligung durch die zuständigen instanzen ausserhalb des departementes für verteidigung, bevölkerungschutz und sport, (vbs) auch die politische lage in den exportländern beurteilt. (3)

von 1975 - 2003 wurde für 10,456 milliarden franken kriegsmaterial exportiert

kann man dem bundesrat bei dem verkauf dieses rüstungskehrichtes vertrauen, dass er die kriegsmaterialexportgesetzgebung beachten wird? ich glaube nicht. obschon es die verschiedenen kriegsmaterialgesetze und verordnungen der letzten sechzig jahre strikte verboten hätten, ist schweizer kriegsmaterial nach dem zweiten weltkrieg immer wieder an staaten geliefert worden die krieg führten, unter anderem an die usa, an grossbritannien, frankreich, portugal usw. auch in spannungsgebiete wurden waffen verkauft, in das pulverfass des nahen osten, nach indonesien, den philippinnen, nach lateinamerika, nach afrika, in die ganze welt. allein von 1975 - 2003 wurde für 10,456 milliarden franken kriegsmaterial exportiert. (4)

frühere hauptkunden der schweizer rüstungsindustrie: der iran unter dem schah, die türkei, pakistan usw.

auch eine ganz seriöse abklärung wohin nun diese occasions panzer und schützenpanzer, kanonen, haubitzen, kampfflugzeuge, armeelastwagen, minenwerfer, sturmgewehre, bomben und granaten geliefert werden, kann nicht verhindern, dass dieses schweizer kriegsmaterial in gewaltsamen konflikten zum einsatz kommen kann. wenn heute ein land kriegsmaterial einführt, das nicht in einem spannungsgebiet liegt und die menschenrechte achtet, kann es damit trotzdem morgen schon krieg führen und teile seiner bevölkerung unterdrücken. schon oft musste der bundesrat abrupt laufende kriegsmaterialexporte stoppen, zum beispiel nach pakistan, weil sich die politische situation änderte, weil pakistan wieder einmal im krieg mit indien stand. viele länder die heute einem embargo für waffenexporte unterstehen, gehörten vorher während jahren zu den hauptkunden der schweizer rüstungsindustrie, wie zum beispiel der iran unter dem schah, die türkei und pakistan.

200 panzer und 200 schützenpanzer nach thailand, wie früher die versenkung von munition in den thunersee

gerade der geplante verkauf von alten 200 panzern und 200 schützenpanzern und weiteren 480 schützenpanzern nach thailand zeigt exemplarisch wie unverantwortlich armasuisse mit der rückendeckung der bundesbehörden in bern zu operieren im begriffe ist. rüstungsexporte nach thailand wären heute ebenso unbedacht wie die seinerzeitige versenkung von alter munition im thunersee. - diese panzer, und ausrangierte rüstungsgüter generell, müssten verschrottet werden, nicht, wie es der billige jakob machen würde, verkauft werden. - der enorme rüstungsbedarf thailands hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass über drei muslimische provinzen des südens schon im januar dieses jahres das kriegsrecht verhängt wurde. sollen unruhen im süden thailands dereinst militärisch mit schweizer panzern niedergewalzt werden?

die lage in thailand spitzt sich zu

in den letzten wochen hat sich die lage in thailand zugespitzt, vor allem in den vorwiegend von muslimen bewohnten südprovinzen narathiwat, pattani und yala. eine welle von anschlägen sucht den süden thailands heim. terroristen wollen mit ihren aktionen die loslösung des südens erzwingen. sie träumen von der wiedereinrichtung des einstigen, vom damaligen königreich siam unabhängigen sultanat pattani. (5) zu thailand ist noch zu sagen: thailand ist zwar keine militärdiktatur, aber ähnlich wie in der türkei ist die machtstellung des militärs staatsrechtlich festgeschrieben. die regierung stützt sich auf eine koalition von parteien ab, die zur zusammenarbeit mit den militärs bereit sind. der militärputsch von 1976 beendete das "experiment" einer vom militär kaum beeinflussten regierungsweise. noch 1988 erlebte thailand einen militärputsch und 1992 wurde auf druck der militärs general suchinda kraprayoon als ministerpräsident eingesetzt. er musste jedoch nach von militärs niedergeschlagenen unruhen zurücktreten.

es könnte sein, dass politiker und beamte einmal zur rechenschaft gezogen werden für waffenexporte die sie bewilligt haben

die welt starrt heute von waffen. jährlich wurden im letzten jahr weltweit, laut den neuesten zahlen des stockholm international peace research institute (sipri), für 956 milliarden us dollar, fast eine billion us-dollar, für das militär und die rüstung vergeudet, während millionen menschen unterernährt sind oder sogar verhungern. der bundesrat dürfte angesichts des elends das mit kriegsmaterial angerichtet wird, keine exportbewilligungen für rüstungsgüter erteilen, weder an thailand, noch an die usa und grossbritannien die gefangene foltern, noch in das pulverfass des nahen ostens, nach saudiarabien (6), noch anders wohin. es könnte sein, dass eines tages politiker und beamte berns zur rechenschaft gezogen werden für waffenexporte denen sie ihren segen gegeben haben.

(1) "argumente zu den volksinitiativen für abrüstung und für ein waffenausfuhrverbot", herausgegeben von der sozialdemokratischen partei (sp schweiz) und der arbeitsgemeinschaft für rüstungskontrolle und ein waffenausfuhrverbot (arw), bern 1991), redaktion peter hug

(2) aus dem verkaufskatalog der gruppe rüstung, stand märz 2003
- 47 kampfflugzeuge "tiger f-5e"
- 18 hawk mk 66, schulflugzeuge (doppelsitzer)
- 1 "mirage ii bs" und 2 "mirage ii ds" kampfflugzeuge (doppelsitzer), ab sofort
- 10 aufklärungsflugzeuge "mirage ii rs"
- 28 helikopter "alouette iii"
- 90 fliegerabwehrkanonen 63/90, 35 mm
- 30 feuerleitgeräte "skyguard" gt 75/90
- 20 feuerleitgeräte "skyguard" (kampfwertgesteigert) gt 75/95
- 3 fahrschulpanzer "leopard 2"
- 170 mittlere kampfpanzer pz 68/88
- 55 entspannungspanzer pz 65/88
- 16 brückenpanzer pz 68/88
- 200 panzerhaubitzen m109
- 230 schützenpanzer 63/73
- 275 kommando- feuerleitpanzer pz 63 und pz 63-
- 340 schützenpanzer (kampfwertgesteigert) 63/89 kawest, 160 schützenpanzer ab 2006 verkäuflich
- 950 8,1 cm minenwerfer 33
- 100 8,1 minenwerfer 72
- 350 minenwerfer 87
usw. ein teil der ware soll bereits verkauft worden sein und ist vielleicht schon im einsatz auf irgendeinem kriegsschauplatz, auf dem auch das rote kreuz und andere hilfsorganisationen tätig sind.

(3) original message -----
from: godi.huber@armasuisse.ch
to: heinrich-frei@bluewin.ch
sent: wednesday, april 28, 2004 11:24 am
subject: fast food verpackungen und rüstungskehricht

sehr geehrter herr frei

ihr mail betreffend "rüstungskehricht" wurde an armasuisse weitergeleitet.

wir danken für ihr interesse und möchten zum angesprochenen verkauf von gebrauchtem rüstungsmaterial wie folgt stellung nehmen:

-armasuisse als beschaffungs- und technologiezentrum des vbs wurde im september 2002 mit dem verkauf von obsoletem rüstungsmaterial beauftragt. abgebaut werden systeme, die in der neuen armee überzählig sind oder durch neue ersetzt werden.

-angestrebt wird ein verkauf von regierung zu regierung. einige verkaufserfolge konnten erzielt werden, mit anderen möglichen interessenten werden gespräche geführt.

-der verkauf von gebrauchtem rüstungsmaterial unterliegt ebenfalls der schweizer kriegsmaterial-exportgesetzgebung. dabei wird in jedem fall vor erteilung der exportbewilligung durch die zuständigen instanzen ausserhalb des vbs auch die politische lage in den exportländern beurteilt.

ich hoffe, ihnen mit diesen angaben gedient zu haben.

mit freundlichen grüssen
godi huber
armasuisse
kommunikation

(4) schweizerische kriegsmaterialexporte 1975-2002, zusammengestellt von peter hug

(5) (bombenanschlag in südthailand, (mo) neue zürcher zeitung 29. märz 2004

(6) saudi-arabien will schweizer kanonen (mst), nachschub aus der schweiz, armeefahrzeuge und panzer nach angola, facts 27. mai 2004

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