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schandfleck.ch_archiv/2004/februar/leserbrief
heinrich frei
 

die flut von kleinwaffen und schweizer waffenexporte

laut dem report "small arms survey 2001" sollen heute weltweit 639 millionen kleinwaffen im umlauf sein. 1'135 firmen in 98 ländern produzieren solche waffen. fast 60 prozent dieser feuerwaffen befinden sich in den händen von zivilpersonen, wird geschätzt. wenigstens 16 milliarden stück scharfe patronen wurden allein im jahr 2001 für diese feuerwaffen produziert. - das sind mehr als zwei, potentiell tödliche, militärische geschosse für jeden mann, jede frau und jedes kind auf diesem planeten.
jeden tag leben millionen von frauen, männern und kinder in angst vor feuerwaffen. in jeder minute wird ein mensch getötet, über 500'000 im jahr. waffen sind ausser kontrolle, wie amnesty international und oxfam international in ihrem report "shattered lives" schreiben, nicht nur bei den gangs in rio de janeiro und los angeles, im bürgerkrieg in liberia und indonesien.
zum beispiel kongo: eine tragödie verursacht durch den unverantwortlichen transfer von waffen
mehr als drei millionen zivilpersonen wurden seit august 1998 in der demokratischen republik kongo, dem früheren zaire, getötet oder wurden opfer des hungers und von krankheiten als folge des krieges. dieser konflikt war charakterisiert durch illegale tötungen, folterungen und vergewaltigungen von zivilisten durch soldaten aller seiten. trotz diesem katalog von menschlichen abscheulichkeiten setzten viele länder ihre waffenlieferungen in diesen dunklen jahren des terrors nach dem kongo fort. die frühere regierung zaires erhielt waffen von vielen staaten, unter anderem von belgien, china, frankreich, deutschland, grossbritannien und den usa. von albanien, china, ägypten, israel, rumänien, der slowakei und südafrika wurden leichte waffen und militärausrüstungen an ruanda, uganda und zimbabwe geliefert, die ebenfalls in diesem konflikt im kongo zum einsatz kamen. britische piloten und lufttransportunternehmen wurden von der britischen regierung nicht daran gehindert von übersee rüstungsgüter nach dem kongo zu transportieren, obwohl die schweren menschenrechtsverletzungen der streitkräfte der demokratischen republik kongo bekannt waren. zwischen 1993 und 1998, in einer zeit als die gewaltsamen konflikte eskalierten und es schon zu schweren menschenrechtsverletzungen kam, exportierte italien waffen, munition und sprengstoffe im wert von 10 milliarden us-dollar nach der demokratischen republik kongo.
(aus shattered lives, publikation von amnesty international und oxfam international, 2003)
schweizer export von hand- und faustfeuerwaffen
auch die schweiz hilft leider immer noch mit diese flut von kleinwaffen auf der erde zu vergrössern. im jahr 2002 exportierte die schweiz für 16'253'254 franken hand- und faustfeuerwaffen jeglichen kalibers, inkl. maschinenpistolen und bestandteile für solche waffen. 2003 umfasste diese position der ausfuhr 14'085'548 franken. die munition für diese kleinwaffen ist diesen beträgen nicht enthalten, sie wird in der statistik des staatssekretariates für wirtschaft (seco) nicht separat ausgewiesen.
brasilien: die menschlichen kosten des missbrauchs von waffen
die beine der sechzehnjährigen camila magalhães lima sind seit 1998 gelähmt. damals traf sie eine kugel bei einer schiesserei zwischen dieben und privaten sicherheitsleuten, als sie auf dem heimweg von der schule war. heute ist camila an den rollstuhl gefesselt.

"ich hatte pläne für die zukunft; ich wollte die welt bereisen, einen kurs machen für models und mein gymnastik training fortsetzen. von einem tag zum andern wurden meine träume zerstört - nur wegen männern, die angeblich zivilisiert sind, aber die sich nur stark fühlen, wenn sie eine waffe in den händen halten."

mehr als die hälfte von befragten schülern in brasilien erklärten, es sei ein leichtes sich in der nähe der schule feuerwaffen zu beschaffen, und 70 prozent sagten, dass bei gewalttätigen auseinandersetzungen an ihrer schule schiesseisen zum einsatz kommen würden. in grossen städten brasiliens ist es für schulklassen nichts aussergewöhnliches, dass der unterricht unterbrochen oder die schule geschlossen werden muss, wegen feuergefechten zwischen rivalisierenden drogen gangs oder zusammenstössen mit der polizei.

in den letzten 10 jahren wurden in brasilien 300'000 menschen getötet, viele als folge der gewalt in den städten und der grossen verbreitung von handfeuerwaffen. 63 prozent aller morde in brasilien werden mit kleinwaffen verübt. rio de janeiro hat eine der höchsten durch feuerwaffen verursachten todesraten. woher kommen diese waffen? der grösste teil der waffen in rio, die die polizei beschlagnahmt hat, wurden in brasilien fabriziert. viele dieser waffen wurden jedoch auch im ausland hergestellt, in den usa, spanien belgien, argentinien, deutschland, italien, der tschechischen republik, österreich, frankreich, china, israel, russland und der schweiz.

im juli 2002 bat brasilien um internationale hilfe, um aufzuklären, auf welchen pfaden die waffen in ihren notorisch vom verbrechen geplagten staat gelangen. niemand von den betroffenen ländern reagierte, ausser argentinien und deutschland. die anderen exporteure von feuerwaffen hüllten sich in schweigen.
(aus shattered lives, publikation von amnesty international und oxfam international, 2003)

die schweiz exportierte von 1975-2003 für 65,864 millionen franken kriegsmaterial nach brasilien.

"deutsche waffenliebhaber" haben die waffenabteilung der schweizerischen industriegesellschaft in neuhausen, (sig), übernommen
bei den kriegsmaterialexporten der schweiz fällt auf, dass nach deutschland sowohl im jahr 2002 als auch 2003 für über vier millionen franken hand- und faustfeuerwaffen nach deutschland exportiert wurden. dies ist weiter nicht erstaunlich, ist doch heute die waffenabteilung der firma sig, der schweizerischen industriegesellschaft in neuhausen, die in unserem land vor allem kleinwaffen, sturmgewehre und pistolen produziert, seit vier jahren im besitz von zwei deutschen investoren, "beides waffenliebhaber", wie auf der homepage der firma zu lesen ist. die frühere "sig arms ag" wurde so anno 2000 zu dem unternehmen "swiss arms", das so genannte "law enforcement defense products" anbietet, produkte für die gewaltsame durchsetzung des rechtes und der verteidigung. vermutlich werden swiss arms sturmgewehre jetzt schon von der deutschen bundeswehr weit hinten am hindukush, in afghanistan eingesetzt, weit jenseits der grenzen der bundesrepublik, um dort die freiheit und deutsche interessen zusammen mit den usa zu verteidigen.

weitere abnehmer von hand- und faustfeuerwaffen der schweizer rüstungsindustrie sind nicht nur staaten die krieg führen sondern auch staaten die die menschenrechte seit jahren mit den füssen treten, wie ägypten, die usa und philippinen. neuerdings, im jahr 2003, kauften auch ehemalige ostblockstaaten, polen, rumänien und tschechien schweizer feuerwaffen, da sie ihre streitkräfte auf nato-standard bringen müssen, um in zukunft als vollwertige mitglieder am imperialen krieg gegen den terror der usa teilnehmen zu können.

schweizer rüstungsunternehmen in ausländischen händen

sig arms ag, der schweizerische industriegesellschaft in neuhausen
produzent von kleinwaffen, sturmgewehre und pistolen. "sig arms ag", seit vier jahren im besitz von zwei deutschen investoren. heutiger name: "swiss arms".

oerlikon-contraves:
produzent von kanonen- und lenkwaffensystemen für die flugabwehr. seit 1999 liegt die aktienmehrheit bei der firma rheinmetall detec ag. seit 2003 ist oerlikon-contraves voll im besitze von rheinmetall. rheinmetall produzierte schon für den deutschen kaiser im ersten weltkrieg und später für hitler-deutschland kriegsmaterial.

mowag ag kreuzlingen:
produzent von gepanzerten radfahrzeugen für militärische zwecke. die mowag ag ist seit 2003 im besitz der kanadischen firma general dynamics land systems. mit fahrzeugen der mowag ist unter anderem die nationalgarde von saudiarabien ausgerüstet und die us-army.

ausfuhr von kriegsmaterial im jahr 2003
der gesamtwert der effektiven ausfuhren von kriegsmaterial im jahre 2003 betrug 379,0 millionen franken (2002: 277,6 mio. fr.). die starke zunahme der ausfuhren gegenüber dem vorjahr um 101,4 millionen franken oder 36,5% ist vor allem darauf zurückzuführen, dass im berichtsjahr grössere bestellungen an feuerleitgeräten und gepanzerten landfahrzeugen zur auslieferung gelangten.
die hauptsächlichsten abnehmerländer waren dabei deutschland mit einem wert von 77,3 millionen franken, gefolgt von spanien mit 60,1 mio. franken, schweden mit 34,4 mio. franken, botswana mit 32,5 mio. franken und den vereinigten staaten von amerika mit 32,2 mio. franken. aufgeteilt nach den wichtigsten kategorien von kriegsmaterial gemäss anhang 1 der kriegsmaterialverordnung entfielen 30,1% auf gepanzerte landfahrzeuge, 20,6% auf feuerleitgeräte und 19,6% auf munition für waffen jeglichen kalibers. (aus der pressemitteilung des staatssekretariates für wirtschaft, seco, vom 04.02.2004)
krieg und menschenrechtsverletzungen: kein grund für den bundesrat kriegsmaterialexporte einzustellen
weshalb durften überhaupt im letzten jahr kriegsmaterial nach den usa, grossbritannien und in das pulverfass des nahen ostens exportiert werden, trotz dem krieg gegen den irak? begründet wurden die bewilligungen für diese lieferungen vom bund damit, dass diese rüstungsgüter im krieg nicht zum einsatz kommen würden. weiter wurde argumentiert, die schweizer industrie habe mit den empfängerstaaten langfristige verträge abgeschlossen, die oft 10-15 jahre dauerten. nachlieferungen könnten dabei nicht einfach unterbrochen werden. - unter art. 19 des bundesgesetzes über das kriegsmaterial heisst es zwar, ausfuhrbewilligungen seien befristet, und könnten "wen ausserordentliche umstände es erfordern suspendiert oder widerrufen werden". offensichtlich waren schon der golfkrieg den vater bush führte, die jahrelangen regelmässigen bombardierungen des iraks unter clinton und dann der krieg gegen den irak unter bush junior für den bundesrat keine "ausserordentlichen umstände", um die waffenexporte in den nahen osten, an die usa und an grossbritannien einzustellen. ein weiterer grund den kriegsmaterialexporten nach den usa trotz dem krieg den segen zu geben war, dass die industrie in die vereinigten staaten sowohl zivile wie militärische bestandteile liefert, unter anderem an den amerikanischen flugzeughersteller boeing. falls die firma ruag, die immer noch im besitz des bundes ist, die militärischen komponenten boeing nicht mehr geliefert hätte, wären auch die zivilen lieferungen in frage gestellt gewesen.
botswana: höchste hiv/aids infektionsrate in afrika, dennoch schweizer kriegsmateriallieferungen
nach dem afrikanischen staat botswana verschacherte helvetien in diesem jahr für 32,5 millionen franken kriegsmaterial, gepanzerte landfahrzeuge. wie ist die situation heute in botswana? widersprechen nicht rüstungslieferungen an botswana dem kriegsmaterialgesetz, den "bestrebungen der schweiz im bereiche der entwicklungszusammenarbeit"? "the world factbook" des amerikanischen geheimdienstes cia gibt im internet folgende auskünfte über botswana:

- einwohnerzahl von botswana 1,573 millionen (kanton zürich 1,16 mio.)
- botswana hat die höchste hiv/aids infektionsrate in afrika, nämlich 38,8%
- im letzten jahr zählte botswana 26'000 aids-tote. trotz der hohen geburtsrate nahm wegen aids die bevölkerung um 0,55 % ab.
- offiziell zählt botswana 21% arbeitslose, inoffiziell jedoch 40%.
- die lebenserwartung in botswana beträgt 32,26 jahre.


botswana hätte also alles andere nötig gehabt als rüstungslieferungen aus der schweiz.

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