max schnyder sandte mir einige texte mit der bitte um durchsicht
und eventuelle veröffentlichung im "schandfleck". der
durchsicht wurde entsprochen, der direkten publikation nicht. es hat
sich in der folge darüber ein dialog ergeben, der hier abgedruckt
sei. als einstieg jedoch die ersten abschnitte der abgewiesenen texte:
Letzte
Wahrheit(en)?
Wichtige? Unwichtige? Sind sie erst wahr, wenn wir sie anerkennen?
Frieden
ist gut. Streit und Krieg böse. Zu wissen woher das Böse kommt,
nützt nichts, um es überwinden zu können. Anerkennen,
dass wir das Gute allein mit der Liebe erarbeiten und
entsprechend handeln können, genügt. Wie oft noch müssen
wir das Böse, Streit und Krieg erleiden, um die Wahrheit der Liebe
anzunehmen?
Alle Kulturen zu allen Zeiten bewegten die gleichen Fragen: Woher kommen
wir? Wohin gehen wir? Was ist der Sinn unseres Lebens? Was müssen
wir tun?
Wie entstand das Universum? Könnte es eine materielle Schöpfung
geben, ohne eine Geistige?
Woher stammt sie? War das Universum jemals tot? Hätte es ein Toter
zum Leben erwecken
können? Woher stammt d a s Leben, das allem Leben, Leben schenkt?
Was ist sein Sinn? Existiert eine Urenergie, als Ursprung allen Lebens?
Woher kommt sie? Könnte sich Energie zu so vielfältiger Materie
"verdichten" ohne Information? Stammt die Information von
einem Bewusstsein ICH-BIN? Wo hat dieses bewusste Sein seinen Ursprung?
In Gott? Ist er das Bewusstsein? Wer schuf ihn, wer die Liebe?
Die vielen Kulturen erdachten tiefsinnige Philosophien, über den
Uranfang(?) und Ende(?)allen Seins, und erarbeiteten viele Teilwahrheiten,
jede auf ihre eigene und einmalige Art. Die Fragen jedoch sind geblieben.
Ein Beispiel aus Indien:
Brahman – die letzte Wirklichkeit
aus „Rigveda“ ca. 3000 Jahre alt.
Damals war nicht das Nichtsein, noch das Sein,
kein Luftraum war, kein Himmel drüber her.
Wer hielt in Hut die Welt; wer schloss sie ein?
Wo war der tiefe Abgrund, wo das Meer?
Nicht
Tod war damals, noch Unsterblichkeit,
nicht war die Nacht, der Tag nicht offenbar.
Es hauchte windlos in Ursprünglichkeit das Eine,
ausserdem kein andres war.
Von
Dunkel war die ganze Welt bedeckt,
ein Ozean ohne Licht, in Nacht verloren.
Da ward, was in der Schale war versteckt,
das Eine durch der Glutpein Kraft geboren.
(Urknallgedanke?)
Aus
diesem ging hervor, zuerst entstanden
als der Erkenntnis Samenkeim, die Liebe:
des Daseins Wurzelung im Nichtsein fanden
die Weisen, forschend in des Herzens Triebe.
Als
quer hindurch sie die Messschnur legten,
was war da unterhalb? Und was war oben?
Keimträger waren, Kräfte, die sich regten,
Selbstsetzung drunten, Angespanntheit droben.
Doch,
wem ist auszuforschen es gelungen,
wer hat, woher die Schöpfung stammt, vernommen?
Die Götter sind diesseits von ihr entsprungen!
Wer sagt es also, wo sie hergekommen?
Er,
der die Schöpfung hat hervorgebracht,
der auf sie schaut im höchsten Himmelslicht,
der sie gemacht hat oder nicht gemacht,
Der weiss es! Oder weiss auch er es nicht?
Das ist eine Erkenntnis aus der Weisheit des Fragens und will keine
Schöpfungsgeschichte sein; die Teilwahrheiten als solche anerkennt,
sie nicht zu Ganzen erklärt und gelöst von der Behauptung
'es' zu Wissen, demütig weiter fragt.
Der
indische Denker der Gegenwart "Meher Baba", bespricht, Gott,
Schöpfung und Liebe:
„Um
der Liebe willen ist das gesamte Universum ins Dasein getreten, und
um der Liebe willen bleibt es erhalten. Gott steigt hernieder in der
Bereich der Illusion, weil die scheinbare Zweiheit von Geliebtem und
Liebendem letztlich dazu beiträgt, dass er sich seiner eigenen
Göttlichkeit bewusst erfreuen kann. Die Entfaltung der Liebe bedarf
der Spannung der Zweiheit und wird getragen von ihr. Gott muss die scheinbare
Differenzierung in eine Vielheit von Seelen erleiden, um das Spiel der
Liebe spielen zu können. Diese Vielen sind seine eigenen Formen,
denen gegenüber er zugleich die Rolle des göttlichen Liebenden
und jene des göttlichen Geliebten spielt. Als der göttlich
Geliebte ist er der wirkliche und letzte Gegenstand ihres Sehnens. Als
der göttlich Liebende ist er ihr wirklicher und letzter Erlöser,
der sie zurückzieht in sich selbst. Obwohl mithin die gesamte Welt
der Zweiheit nichts ist als Illusion, ist diese Illusion zu einem sinnvollen
Zweck ins Dasein getreten.
in einer ersten reaktion auf solche botschaft habe ich festgehalten:
"frieden
ist gut. streit und krieg böse."
unter
frieden kann man gewiss die unterschiedlichsten dinge verstehen. man
denke an den politischen frieden, der mit waffen und andern formen der
gewalt durchgesetzt wurde und wird. er kommt nicht ohne starke autorität
aus, die mit sanktion und strafe droht und die entsprechenden massnahmen
bereithält. zur veranschaulichung das beispiel schweiz.
so gesehen: ein friede, der armee und polizei benötigt, tausende
von strafbestimmungen, gerichte und knäste, gehört selbst
zur kategorie krieg. ein sozialer friede, der mit kindsdressur, arbeitszwang
und einer lügenpropaganda erreicht wird, verdient den namen nicht.
eine an der nase herumgeführte menschheit, deren triebe unterdrückt,
deren wille gebrochen, deren denken und freiheit konditioniert sind,
verfällt der hysterie, dem herdentrieb und dem rachedurst –
fremd- statt selbstbestimmung, fernsteuerung statt eigener verantwortung.
ich
nehme mein persönliches beispiel. ich bin nicht bereit, meinen
krieg gegen die verlogenheit böse zu nennen. ich finde überhaupt
gut und böse recht unbrauchbare kategorien. ich denke, jeder versteht,
wenns gut geht, das eigene seine darunter. die frage stellt sich, wie
weit man mit der durchsetzung des guten zu gehen bereit ist. über
welche leichen als über die eigne ausserdem geschritten wird. und
wie weit der mensch es hinnimmt, seinen eigenen spielraum zugunsten
einer gruppe, einer masse, einem staate aufzugeben. wieweit es denn
zulässig sei, eine moral für allgemeingültig zu proklamieren.
man
weiss durchaus nicht, woher das böse, noch irgend etwas anderes
kommt. die frage des kindes nach dem warum bleibt unbeantwortbar, weil
es der antwort gleich wieder ein warum hinzufügt. spätestens
nach dem vierten warum ist man ehrlicherweise erledigt und muss sagen:
ich weiss es nicht. oder man sagt, es sei einfach so und basta. oder
man erfindet gott und den teufel, sich weiteren belästigungen zu
entziehen.
ich sehe streit und krieg nicht als gegensatz zur liebe, dafür
mit der liebe, seziert man sie, allerlei niedertracht und egoismus einherkriechen.
die liebe an sich ‚gibt es’ nicht. vielleicht ist sie eine
liebgewonnene farbe, die aber nur leuchten kann durch andre farben,
oder ein freundlicher klang, der nur klingt, weil verschiedene töne
zusammenklingen. ich will damit sagen: sie ist ein erfühltes ganzes,
über dessen zusammensetzung man sich keine rechenschaft gibt. sie
ist sogar nur dadurch zu retten. ich glaube, die reine farbe sei schwarz,
aber ich weiss nicht genau. man hat mir aber gesagt, ein einzelner ton,
ganz ohne zusammenklang, sei ein grauenhafter sinuston, der etwa unser
gehör belästigt, wenn einer bei eingeschaltetem lautsprecher
unsachgemäss an der stereoanlage herumfummelt.
da
ich mich, jedenfalls im allgemeinen vergleich, auch als kulturelles
wesen begreife, muss ich sagen: mich hat die frage nach meinem herkommen
nie wirklich bewegt. sie ist mir unbeantwortbar, aber beunruhigt mich
nicht weiter. bin daher keineswegs sicher, ob alle kulturen zu allen
zeiten von ihr bewegt, bestimmt, geleitet wurden. das "wohin gehen
wir" ist zweifellos eine schmerzhaftere frage für mich. ich
mache mir abundzu schöne fantasien. zuweilen auch schreckliche.
das einzige, was ich weiss: dass es fantasien sind. ich habe mit meinem
ersatzlosen und unwiderruflichen abgang zu rechnen. es ist aber nicht
das, was mir schrecklich scheint.
einen sinn im ganzen gibt es in allgemeiner form durchaus nicht. das
leben hat keinen sinn. es gibt eine beschäftigung, am leben zu
bleiben. vielleicht dies ebenso illusion. eine beschäftigung, die
leben heisst und mit dem tode höchstwahrscheinlich endet. man kann
in einzelnen tätigkeiten einen individuellen sinn sehen. den muss
man sich selbst vorsagen. oder man übernimmt, was vorgegeben und
zum sinn deklariert steht. weil man sich nicht alleine fühlen möchte.
könnte
es eine materielle schöpfung geben ohne die geistige? die frage
bringt mich auf den gedanken, dass jede religion immer abbild der menschlichen,
kulturell durch die zeiten etwas diversen, strukturen ist. wären
wir antilopen, wäre der löwe unser gott, weil wir uns vor
ihm am meisten füchteten. ihm brächten wir opfer dar, ein
natürliches im sinne des schwächsten, langsamsten mitglieds
unsrer herde, das sich der löwe greift und es damit zufrieden ist.
wir antilopen setzen noch eine zeitlang die gemeinsame flucht vor dem
löwen fort, bis wir merken, dass unser opfer uns alle für
diesmal gerettet hat. mit der zeit pflegen wir den ahnenkult, und mit
den jahrhunderten, wo wir unsre umgebung, auch den löwen, zu beherrschen
lernen, entschwinden die ahnen immer weiter weg, bis wir sie im antilopenolymp
versammeln. aus ahnen und löwen sind götter geworden. im olymp
herrscht bald streit, wie er unter antilopen üblich ist, und den
gewinnt für unsre herde vorerst einmal jahwe. er hat aber nebenbuhler,
die andernorts für ausgemachte sieger gelten. jahwe aber ist eine
projizierte antilope.
es
könnte durchaus sein, dass es sich nirgendwo um eine eigentliche
schöpfung handelt, sondern alles chaotisch entsteht und vergeht.
und dass unsere universalen gesetze, die wir der natur aufbefohlen,
gar nicht überall geltung hätten. natürlich könnte
es ebenso sein, dass es einen oder mehrere götter irgendwo gäbe,
die sich mehr oder weniger um unsre belange kümmerten. man weiss
es eben nicht. ausserdem kommt hinzu, dass ein wort, dass vor tausend
jahren gesprochen, heute eine andere bedeutung angenommen hat, dass
sich die bedeutung eines wortes verschiebt. es spricht gegen ein wort,
das am anfange frisch, anschaulich, poetisch erscheint, wenn seine bedeutung
sich nicht wandelt. wenn wir uns unter gott dasselbe vorzustellen hätten
wie die alten christen in rom. oder wie die neandertaler am herdfeuer.
dann hätte nicht ein wort und nicht ein gott triumfiert, sondern
eine nur allzu menschliche, obrigkeitliche macht über uns. über
jahrtausende haben sich die herrscher als stellvertreter gottes ausgegeben,
oft als göttersöhne selbst. die oberste christliche autorität
war über viele jahrhunderte nicht ein papst, sondern der kaiser
oder ein könig.
wieso muss es ein leben geben, das allem weiteren leben leben schenkt?
oder noch weiter geketzert, mit nietzsche: wenn man an jahwe glaubt,
also seine omnipotenz für erwiesen hält, warum liegt man vor
ihm im staube und bekämpft ihn nicht? hat er nicht schlimmeres
getan als der grösste irdische halunke?
oder,
um es auf den punkt zu bringen: es gibt nicht einmal teilwahrheiten.
es entspinnt sich nun ein kleiner disput. max schnyder repliziert
nämlich darauf:
Der
Gott Jahwe ist ein menschliches Konstrukt, wie alle anderen Götzen,
gleichgültig welchen Namens.
Niemand kann einen liebenden Gott, der die Liebe 'verkörpert' beweisen,
wissenschaftlich ohnehin nicht.
Der Mensch 'Jesus' gezeugt von Josef, geboren von der Frau Maria machte
es sich zur Aufgabe diesen
liebenden Gott uns Menschen zu erklären. Er ist nicht Gottessohn,
weil Gott die Maria oder eine Göttin schwängerte,
sondern die Sohnschaft bezieht sich auf die Geistesverwandtschaft. Er
lehrte die Nichtanklagende-Versöhnlichkeit, den Gleichwert aller
Menschen, die Anspruchslosigkeit im Materiellen, die Gewaltlosigkeit
usw.
Das sind Eigenschaften der Liebe. Weil er dies tat, wurde er ermordet
von den damaligen Religionsoberen.
Das organisierte Christentum hat Jesus nicht verstanden und versteht
ihn heute noch nicht.
Die Kreuzzügler waren mit päpstlichem Segen die ersten Selbstmordattentäter.
Sie schrieen: "Gott will es".
Das ist dasselbe wie: "Insh Allah".
Woher das Böse kommt, weiss ich auch nicht, weiss nur dass es sein
Unwesen treibt.
Aber ich weiss auch wie ihm begegnen. Mit der einzig vernünftigen
Logik der Liebe.
Es gibt nur einen Frieden, allerdings mit vielen Aspekten: Ohne Frieden
zwischen den Religionen, keinen Frieden
zwischen den Nationen; ohne sozialwirtschaftlichen Frieden, keinen politischen;
ohne achtsames Umgehen mit allen Mitmenschen, auch in der Waschküche
des Mithauses, am Arbeitsplatz, in der Schule, im Strassen- und Öffentlichenverkehr
usw. ist und bleibt der Frieden in seiner Gesamtheit eine Utopie.
Der Weltfriede und der Weltkrieg beginnen in unserem Denken. Es gibt
keinen Handlungsimpuls, der nicht im Geist begänne;
da müssen wir beginnen die Eigenschaften der Liebe praktizieren,
denn allein ihr Wesen befähigt uns den Frieden zu schaffen
und zu erhalten. Erst wenn alle Menschen dies tun, kann es keine Führenden
in Politik, Religion, Wirtschaft und
Wissenschaft mehr geben, die unversöhnlich mit Hab- und Machtgier,
mit dem Grundsatz "wie du mir so ich dir"
sich rächend, handeln. Dann bräuchten wir weder Polizeien
noch Armeen.
Wenn wir den Frieden realisieren wollen, müssen wir die Eigenschaften
der Liebe praktizieren. Das können wir alle,
auch der Atheist und der Konfessionslose. Nicht der Glaube an Gott schafft
den Frieden, sondern der an die Liebe
und das Praktizieren ihres Wesens.
Wir selber schaffen unsere Realität, individuell und kollektiv.
Wäre das Multiversum jemals tot gewesen, hätte es ein Toter
zum Leben erwecken können?
Woher das Leben kommt, das allem Leben Leben gibt, weiss ich auch nicht,
darum auch nicht seinen Sinn.
Dessen ungeachtet lebt es. Wir können uns nur wundern, dass es
lebt. Und die Liebe in unserem Alltag versuchen zu realisieren, denn
damit erfüllen wir den Sinn unseres irdischen Lebens.
Oder ist es sinnvoller bis in alle Ewigkeit zu morden?
Du schriebst einmal: "Die Wahrheit ist ein Meer von Teilwahrheiten."
und
fügte dem einen seiner texte bei:
Missbrauchte
Vaterlandsliebe
Es
gab und gibt überhaupt keine Grenze, die nicht ein entsetzliches
Mass an menschlicher Tragik mit sich gebracht hätte. Wir lieben
unser Geburtsland als Heimat und Vaterland. Allseits aller Grenzen wohnen
Menschen die dasselbe fühlen. Sie sind auch unsere Mitmenschen
und ebenso wertvoll. Wir
haben alle dieselben Bedürfnisse und Wünsche, nämlich
im Frieden und menschenwürdig das Leben durchleben und geniessen
zu können. Diese Wünsche sind uns allen eingeboren; nicht
aber der Wunsch zu töten. Die Abscheu vor dem Töten ist uns
auch eingeboren, wir bräuchten darum kein Tötungsverbot. Alle
Staaten schufen aber Gesetze, nach denen wir uns bewaffnen und zum Töten
ausbilden lassen müssen. Manchmal wird das Tötungsverbot aufgehoben
und im Namen des Vaterlandes der Krieg befohlen, mit den leeren Versprechen,
das sei der letzte Krieg, der aber müsse noch geführt werden,
hernach sei Frieden. Dazu beschwören sie die Vaterlandsliebe, den
Patriotismus, befehlen uns zum Abschuss freigegeben und zugleich als
Henker verurteilt an die Grenze, die wir tötend verteidigen müssen.
Sie motivieren uns mit Vaterlandshymnen, die den nationalen Helden-Opfer-Tod
bejubeln, und Schnaps. Das ist mehr als nur missbrauchte Vaterlandsliebe,
das ist Massenmord in ihrem Namen, den die Massen finanzieren müssen.
Das Tötungsverbot wurde verfügt, der wenigen Querschläger
wegen.
Warum wird es immer wieder staatsrechtlich aufgehoben? Wer beherrscht
eigentlich das globale Geschehen, die wenigen Querschläger in Volk,
Politik und Wirtschaft, oder die
friedlichen Menschen? Welche Politik ist gut, die Gewalttätige
oder die Gewaltlose? Würden wir Menschen die Empfehlung Jesu annehmen,
die andere Wange auch noch hinzuhalten, ohne die Frage zu beantworten
ob wir es könnten, schlüge niemand mehr als Erster zu; die
Gewalt wäre eliminiert und Gewaltlosigkeit die segensreiche und
übliche Normalität. So einfach ist die
Empfehlung Jesu zu verstehen. Die Kriegsindustrie ginge allerdings bankrott.
Wäre es schade um diese menschenverachtenden, habgiersüchtigen
und (un-)heimlichen Kriegsverbrecher?
Sicher nicht! Sie generieren ja ohnehin nur Arbeitsplätze, zum
Preise von ungezählten Kriegsleichen. Ein unerhörter Reichtum
von gezählten, aber der Öffentlichkeit verheimlichten, weit
über tausend Milliarden US $ Steuergeldern würde jährlich
frei. Damit könnten zerstörte Regenwälder aufgeforstet
und Wüsten bewässert werden. Es würden nicht mehr jährlich
ungezählte Millionen Menschen verhungern und es gäbe mehr
Arbeitsplätze als zuvor.
Wie weit bestimmen wirtschaftliche Interessen die Politik? Oder tun
sie es zur Gänze? Was eigentlich sollen Grenzen, wenn doch allseits
Menschen wohnen mit denselben natürlichen
Bedürfnissen, Friedenswünschen und Vaterlandsliebe? Abgrenzungen
aller Arten und die gierige Macht- und Gewinn-Maximierung sind politische
und wirtschaftliche Zerstörer der
Werterfüllung, nicht nur die der Menschheit, sondern allen Seins.
Wer die Lebensregel liebe deinen Nächsten wie dich selbst, ablehnt,
weiss nicht was Ethik ist, weiss nicht dass sie ein Ausdruck der Liebe
ist, er kann keine Ehrfurcht vor dem Leben
empfinden, auch nicht der intellektuelle Ethiker. Sie müssten sich
fragen:
"Warum anerkenne ich diese ethische Liebe nicht, der einzig Frieden
bringenden? Warum lasse ich mich manipulieren, von der verwirtschaflichten
Politik, an deren Gängelband ich hänge,
warum habe ich keinen Mut zur Wahrheit? Unterstütze ich mit meiner
Mutlosigkeit, nicht doch die alles zerstörende Hab- und Machtgier?"
Mein
Leben definiert sich selbst, und so auch das Deine.
Überlassen wir die Religionen ihren Himmeln, Höllen und dem
Wahn der Gottesvertreter;
die Wissenschaft ihrem sterbenden Universum, mit seinen zufällig
entstandenen Sternen und ihrer Vernichtungstechnologie;
die Politik und Wirtschaft ihren heiligen Zweckmitteln, ihren Lügen,
Schönreden und Gewalt.
Wagen wir es, ein jeder für sich, unseres Traumes Pforte des Friedens
zu öffnen, mit einem versöhnlichen Sein, um die amtlichen
Grenzen der gewalttätigen Mentalität zu überschreiten,
wo wir beginnen, liebend ethisch zu leben, der einzig wahren Vernunft.
ein
paar tage später das meine dazu:
den
gott jahwe als götzen zu bezeichnen, halte ich für richtig.
ebenso halte ich ‚den liebenden gott’ für ein konstrukt.
dasselbe gilt für jesus. ich denke, mit deinem wort von den eigenschaften
der liebe verbindest du deine persönliche moral, und daraus abgeleitet
entwickelst du deine vorstellungen und interpretationen vom guten und
vom bösen, von vernunft und liebe. für mich sind das individuelle
werte. der versuch, sie ins allgemeine, geschweige allgemeinverbindliche
zu übertragen, wird immer scheitern. ohne frieden zwischen den
religionen kein friede zwischen den nationen, sagst du. es liegt mir
fern, an diesem gedanken etwas schlechtes zu finden, zu fern liegt er
mir überhaupt. ich sehe die religionen als aufstachelung zur gewalt
und als etisches deckmäntelchen, im höheren interesse krieg
zu führen. der satz vom frieden zwischen den religionen erscheint
mir deshalb paradox. selbst innerhalb der nationen (ein weiteres konstrukt)
wird keine ruhe sein aus religiösen gründen. hinter diesen
aber lungert nichts anderes als habgier und allmachtsfantasie. es ist
noch keiner wegen seiner religion "gut" geworden.
aber auch dies nur meine persönlichen schustereien. ich stimme
zu, der weltkrieg beginnt in unserem denken, und mit ihm. zögernd
bin ich geneigt, dem satz, es gebe keinen handlungsimpuls, der nicht
im geiste begänne, seine berechtigung zu geben. weshalb und woher
geist, was immer das sei, unser hirn entflamme, kann ich nicht sagen.
ich besitze keine autonomie über meinen geist, mein denken, meine
identität. es fällt mir ja einfach zu. ich kann damit etwas
tun, allerdings, mein denken schärfen, mein denken bilden, was
immer. ich kann mir darauf auch etwas einbilden und muss es wohl tun
aus gründen der selbstbehauptung. aber letztlich bin ich nicht
bereit, vage von etwas anderem zu sprechen als von trieben und impulsen,
über deren vorhandensein und einflussnahme ich nicht wirklich bescheid
weiss, jedenfalls ins absolute, übers sprachlich alltägliche
konventionelle hinaus übertragen.
wäre das multiversum jemals tot gewesen, hätte es ein toter
zum leben erwecken können, fragst du (retorisch). interessant,
dass du hier den neowissenschaftlichen begriff des multiversums einführst.
nein, zustimmung, auch mir ist nicht vorstellbar, dass ein toter etwas
zum leben erwecken könnte. allerdings ebensowenig, wie ein gott
oder eine energie oder ein irgendetwas plötzlich oder schon immer
‚da’ sei. ich kenne keine analogien zu meiner lebenserfahrung.
man kann sich in der tat übers leben nur wundern. leben, das töten
muss, sich selbst zu erhalten, eine fresserei in der ganzen natur. nenn
es töten oder morden, etwas in sich und an sich sinnvolles vermag
ich darin nicht zu erkennen. worin wir uns wohl verstehen, wäre
das argument, unserem irdischen aufenthalt als menschliche wesen interessant
und freudenreich zu gestalten. ich denke mir, das tiefe gefühl
vom glücklichsein gibt es nur mit anderen menschen zusammen, nicht
gegen sie. ich lege es mir so zurecht, um mein reumatisiertes rückgrat
einigermassen aufrechzuerhalten.
schrieb ich tatsächlich, die wahrheit sei ein meer von teilwahrheiten?
du wirst in alten papieren gestöbert haben, ich glaube es dir.
nun, dann bin ich halt einen armstoss weitergeschwommen seitdem. das
bild vom meer halte ich immer noch aufrecht. ein meer von worten und
zusammenhängen, je tiefer man taucht, desto wundervoller, farbenreicher
und weiter wird es. so ist das mit meinem geiste. man könnte an
der oberfläche bleiben und darauf schwimmen und nie eine ahnung
kriegen von der zauberwelt. allerdings auch keine angst vor dem abgrund.
zu
deinem text "missbrauchte vaterlandsliebe"– ich habe
nie heimat empfunden, ausser in meiner sprache. gut, es liesse sich
von der liebe sprechen zu einem menschen, das kenne ich natürlich,
vielleicht eine art erweiterter heimat, aber der redlichkeit halber,
du sprichst von vaterland, bliebe ich dabei: ich kenne kein vaterland,
habe die schweiz nie weder als heimat noch vaterland empfunden, und
auch keinen andern staat. ich denke, man hält sich selbst für
toll und wertvoll und man sollte dem andern zubilligen, dass er es auch
so halten darf. ich fühle ja nur für mich und transplantiere
dieses empfinden in den andern, setze es da auch als gegeben voraus.
alles annahmen natürlich, nichts genaues weiss man nie, wer kennt
sich schon wirklich selbst. daher stimme ich diesem text in seiner absicht
zu. allerdings: das beherrschenwollen, siehe fresserei um des überlebens
willen, das töten diesbezüglich scheint mir schon eingeboren,
wer kann schon dafür, dass ihm sein impuls zu fressen befiehlt
und er deshalb eine beute sucht? oder im migros halt ein kotelett kauft.
oder einen salat konsumiert, der vielleicht auch darunter leidet, gefressen
zu werden. ist immerhin was anerkannt organisches, lebendiges, so ein
stück pflanze.
aber das nur nebenbei. mich würde einmal interessieren, was gutes,
friedensförderndes, gewaltfreies jesus denn gesagt (gar erfunden?)
haben soll.
„wer
aber ein wort sagt wider den heiligen geist, findet keine vergebung,
weder in dieser noch in der zukünftigen welt“ (mt 12,32)
„wer
glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet werden, wer aber nicht
glaubt, wird verdammt werden“ (mk 16,16)
„hinweg
von mir, ihr verfluchten, ins ewige feuer, das dem teufel und seinen
engeln bereitet ist“ (mt 25,41)
„diese
meine feinde, die mich nicht zu ihrem könige haben wollten, bringt
hierher und macht sie vor meinen augen nieder“ (lk 19, 27)
„ihr
schlangen- und natterngezücht, wie wollt ihr der verurteilung zur
hölle entrinnen“ (mt 23,33)
„glaubt
ihr, ich sei gekommen, frieden auf die erde zu bringen? nein, sage ich
euch, sonern zwiespalt“ (lk 12,51)
starke
zustimmung hingegen da:
"Mein
Leben definiert sich selbst, und so auch das Deine.
Überlassen wir die Religionen ihren Himmeln, Höllen und dem
Wahn der Gottesvertreter; die Wissenschaft ihrem sterbenden Universum,
mit seinen zufällig entstandenen Sternen und ihrer
Vernichtungstechnologie; die Politik und Wirtschaft ihren heiligen Zweckmitteln,
ihren Lügen, Schönreden und Gewalt.
Wagen wir es, ein jeder für sich, unseres Traumes Pforte des Friedens
zu öffnen, mit einem
versöhnlichen Sein, um die amtlichen Grenzen der gewalttätigen
Mentalität zu überschreiten".
mir
scheint, mit der figur jesus werde ebenfalls eine götzerei betrieben,
jenachdem unter auslassung seiner herrischen art, seines fanatischen
fundamentalismus’ und seiner hasspredigten, was den grossteil
der überlieferungen ausmacht, jenachdem aber gerade unter einbezug
dieser verwerflichen eigenschaften, besonders, wenn man zum kriege trompetet.
gewiss, dir kann ich nichts dergleichen vorwerfen. aber nicht nachvollziehbar
bleibt mir, weshalb dir die jesusfigur solch positiven eindruck macht.
ich werde zum brahmanen-text noch stellung nehmen, er geht nicht vergessen.
und
max schnyder wiederum:
Zu Teilwahrheiten: damit meine ich nicht Wahrheiten die nur zum Teil
wahr sind, sondern Teile einer ganzen Wahrheit, in sich selbst wahr,
die zur ganzen Wahrheit beitragen. Ein Beispiel zum besseren Verständnis:
Der Backstein ist in sich selbst wahr, ein wahrer Teil des Hauses, aber
wenn einer fehlt, ist das Haus (Wahrheit) nicht fertig gebaut. Ich glaube
dies hat Dich zur Aussage bewogen, dass es keine Teilwahrheiten gibt.
So gesehen hast Du recht. Ich verstehe unter Teilwahrheiten, wahre Teile
einer ganzen Wahrheit.
Ob wir Vaterlandsliebe empfinden, den Patriotismus pflegen oder nicht,
so oder so, wird der Bürger vom Staat zum Krieg missbraucht. Jeder
Krieg ist Massenmord.
Dass das Universum oder Multiversum ohne Anfang und Ende ist, glaube
ich, obwohl das auch für mich unerklärbar ist, ebenso wie
das Leben das allem Leben Leben gibt.
Einstein bewies, dass Energie und Materie dasselbe sind. Materie ist
'verdichtete' Energie, ein Baustein der Materie. Energie lebt, ansonsten
könnte sie nicht wirksam sein. Das verstehe ich unter Leben, das
allem Leben Leben gibt und das zugleich der Baustein ist für biologisches
Leben.
Vielleicht gibt es Christen, die glauben das Christentum habe die Liebe
erfunden.
Ein Schüler fragte Konfuzius: "Gibt es ein Wort, nach dem
wir unser ganzes Leben ausrichten können?" Er sagte: "Ja,
die Nächstenliebe." Er erkannte das Allumfassende der Liebe.
Lao-Tse sagte: "Wo immer Heere sind, wird das Land verwüstet
sein. Waffen sind keine Instrumente des Edlen. Einen Sieg im Felde sollte
man begehen als eine Trauerfeier." Die Beiden im chinesischen Universismus
beheimateten, erkannten die Liebe und die Gewaltlosigkeit. Von Buddha,
im Hinduismus daheim, lässt sich dasselbe sagen. Die Drei haben
die Liebe nicht erfunden, sie erkannten und anerkannten sie. Auch Jesus
erfand sie nicht.
Du kannst alles bezweifeln, ablehnen und Jesus als Hassprediger sehen,
es ist Dein gutes Recht. Aber eines solltest Du bedenken, solange das
Wesen der Liebe nicht erkannt, anerkannt und praktiziert wird, wird
die Menschheit nicht aufhören zu morden und verdammt sich selbst
Morden und Kriegen, nicht Jesus oder ein Gott.
Selbst wenn wir die absolute Wahrheit der materiellen Schöpfung
wüssten, das Wesen der Liebe aber nicht annehmen würden, würden
wir das Morden fortsetzen. Wollen wir das? Bis in alle Ewigkeit? Die
Liebe ist die wichtigste Wahrheit. Das Wissen um die Entstehung des
Universums ist unwichtig. Das versuche ich in "Letzte Wahrheit(en)?"
darzustellen.
Auch Du weisst, dass wir nur miteinander den Frieden realisieren und
erhalten können, nicht gegeneinander; und dass das Miteinander
ohne Nächstenliebe nicht möglich ist. Oder sollen wir den
Hass und die Rache um Hilfe anflehen?
Lieber Dänu. so wie Du lebst, leistest Du Deinen persönlichen
Beitrag für eine friedliche Menschheit. Du lebst mit Anstand und
Achtsamkeit, damit praktizierst Du das Wesen der Liebe. Schade dass
Du Dir Deines Beitrags zum Weltfrieden zuwenig bewusst bist. Wenn Dir
das Wort 'Liebe' nicht gefällt, kannst Du es Ersetzen durch Achtsamkeit,
gegenseitiges achten, nicht verachten.
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Hier ein Versuch mein Denken zu illustrieren. Für Dich, zum besseren
Verstehen, wie ich’s meine:
Das Märchen vom Frieden
Es war einmal ein grosses reiches Land, in dem auch die Natur wundervoll
gedieh, von vielen Völkern in allen Hautfarben bewohnt –
ohne Grenzen – die nichts wollten, als sich ihren Wunsch erfüllen,
im Frieden zu leben, grenzenlos. Sie machten zwar noch viele Fehler,
aber unabsichtlich, weil sie nicht alles wussten. Sie waren sich bewusst,
dass sie viel zu wenig wussten, aber auch dass Anstand und Achtsamkeit
den Frieden bewirken, und dies das wichtigste Wissen ist. Sie beschuldigten
sich gegenseitig nicht, sondern halfen einander aus den Fehlern zu lernen.
Die „heiligen Zweckmittel“ und „wie du mir so ich
dir“, waren Vergangenheit. Sie gingen anständig und achtsam
miteinander um, auch mit der Natur. Reich sein bedeutete ihnen nichts
mehr, denn sie hatten vordem erfahren, dass Reichtum die Armut bewirkt,
beide ungerecht sind und die Armen unachtsam behandelt. Auch bestanden
vormals Grenzen zwischen Religionen, Nationen und Ethnien, die unsäglich
viele Tote und entsetzliche Leiden bewirkten. Das wollten sie nicht
mehr erleben, auch die ehemals Reichen und Mächtigen nicht. Alle
sagten: „Wir alle sind gleichwertige Menschen, mit denselben Bedürfnisse
und dem gleichen Wunsch nach Frieden, den wir nur miteinander schaffen
und erhalten können, wir sind auf ein liebevolles Miteinander angewiesen
und wollen keine Grenzen mehr.“ Mit dieser Erfahrung erkannten
und anerkannten sie das wahre Wesen der Liebe.
Vor langer, langer Zeit, in dunkler Vergangenheit, kämpften sie
gegeneinander mit Steinbeilen. Doch sie entwickelten sich weiter, nannten
das den technischen Fortschritt, der zum allgültigen Massstab ihrer
Entwicklung wurde und meinten, sie seien jetzt zivilisiert. Die Steinbeile
wurden zu Massenvernichtungsbomben, die sie sich gegenseitig über
die Köpfe hauten, mit immer derselben steinzeitlich mörderischen
Gesinnung. Die Folgen waren entsetzlich und brachten sie zur Einsicht.
„Nie wieder Krieg“ wollten sie diesmal verwirklichen, denn
beinahe hätten sie sich selbst und die Natur ausgelöscht.
Sie lernten aus den Fehlern ihrer Vergangenheit. Sie lebten mit anständiger
Achtsamkeit, waren anspruchslos, nicht mehr hab- und machtgierig, nicht
gewalttätig, sondern gewaltlos, beschuldigten und verspotteten
sich nicht mehr gegenseitig, lebten ohne anzuklagen, sondern versöhnt
miteinander. Weil es keine Angeklagten mehr gab, darum keine Schuldigen,
benötigten sie weder Richter noch Gesetze.
Es gab keine Ober- Mittel- und Unterschicht, keine Untertanen und Obertanen
mehr. So bauten sie, ganz natürlich, eine Hierarchie der Könner
auf. Alle verstanden sich als Hilfskräfte im Erarbeiten und Erhalten
des Friedens, die Schwachbegabten so gut wie die Hochbegabten, alle
waren Lehrer und Schüler zugleich, denn sie waren bestrebt, miteinander
lernend, zu leben. Politik, Religion, Wirtschaft und Wissenschaft ergänzten
sich im Gleichklang des friedlichen Wollens Aller, zu wohlklingender
Harmonie mit Hilfe ihrer liebenden Achtsamkeit für alles Leben.
Niemand mehr erstrebte politische Macht, denn sie suchten miteinander
Lösungen für ihre Probleme zu finden, die allen gleichermassen
nützten. Weil sie sich miteinander aufeinander einstimmten, waren
nicht einmal mehr Abstimmungen notwendig.
Die vielen Religionen lösten sich auf, wie von selbst. Weil Alle
in der Liebe lebten, vergassen sie den strafenden Gott und glaubten
an einen Liebenden. Warum sollten sie noch an jenen alten Rächer
glauben, wenn sie doch selber Allen Alles vergaben, niemanden mehr anklagten
und bestraften? Allerdings konnten sie ihren liebenden Gott, der die
Liebe "verkörpert", mit ihrem Verstand nicht erfassen
und auch nicht beweisen. Aber indem sie in der Liebe lebten, erfassten
sie ihn mit und in ihren Herzen, und so 'verkörperten' sie ihn.
Die Religion lebte in ihren Herzen.
Auch die Wirtschaft mit ihrer alten Forderung nach ewigem Wachstum,
der doch nur endlichen sein konnte, löste sich auf, denn alle begnügten
sich mit Nahrung, Kleidung und Obdach, ohne Macht- und Habgier. Sie
arbeiteten alle ihren Fähigkeiten entsprechend, gaben was sie konnten
und nahmen nur so viel, wie sie benötigten um menschenwürdig
zu leben. So hatten alle zur Genüge, ohne Geld; nichts mehr musste
rentieren, jedoch lohnte sich jeder Aufwand zu Gunsten der Natur und
damit zu ihrem eigenen Wohl.
Die Wissenschaften schlossen Gott und ein ewiges Leben nicht mehr aus,
sondern bezogen sie in ihr Denken mit ein. Sie sagten nicht mehr: „Die
Existenz Gottes ist nicht bewiesen, darum gibt es ihn nicht“,
sondern mit derselben scharfsinnigen Logik: „Die Nichtexistenz
Gottes ist nicht bewiesen, darum ist er.“ Sie wirkten mit der
liebenden Ethik der „Ehrfurcht vor allem Leben“, glaubten
an die Liebe und lebten in ihr, darum erfanden und entwickelten sie
keine Mittel mehr um Insekten, Wälder und Menschen in Massen vernichten
zu können.
Den Reichtum ihres Landes an Edelsteinen, Edelmetallen, Erzen und Öl,
nutzten sie nur, um sich das Leben zu erleichtern und als bescheidenen
Schmuck, den sie vergnügt lächelnd herstellten, aber für
sie nur schillernder Schein war. So lebten sie liebevoll miteinander,
erfuhren den Reichtum des Friedens, der Versöhnlichkeit, Gerechtigkeit,
Achtsamkeit und des Anstandes.
Seitdem verstanden sie das einzige gerechte Gesetz: „Ursache und
Wirkung“ oder „Aussaat und Ernte“, denn die Ernte
entspricht immer der Aussaat. Sie ernteten die Liebe, die sie ausgesät,
nicht mehr den Hass, den sie früher aussäten, mit der Wirkung
der Kriege, und fragten sich: „Warum nur begreifen das allzu viele
Menschen nicht, und dass der Frieden kein Märchen sein muss?“
Die Freiheit der Gewaltfreiheit
Sie zielen gut aufeinander. Sagt der Eine: „Wirf deine Pistole
weg, sonst drücke ich ab.“ Sagt der Andere: „Nein,
ich gehe keine Kompromisse ein. Wenn du zum Mörder werden willst,
dann schiesse.“ Der Eine senkt sein Schiesseisen und sagt: „Jetzt
verstehe ich die altindische Rishi-Weisheit, die ich neulich las: ‚Wenn
du dies tust, bin ich es, der stirbt.’ Ich will auch nicht zum
Mörder werden.“
Sagt der Andere: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst,
bedeutet dasselbe.“
Sie vergraben ihre Mordwerkzeuge und leben fortan friedlich miteinander.
was
mich zur folgenden erwiderung inspirierte:
„Um
der Liebe willen ist das gesamte Universum ins Dasein getreten, und
um der Liebe willen bleibt es erhalten. Gott steigt hernieder in den
Bereich der Illusion, weil die scheinbare Zweiheit von Geliebtem und
Liebendem letztlich dazu beiträgt, dass er sich seiner eigenen
Göttlichkeit bewusst erfreuen kann. Die Entfaltung der Liebe bedarf
der Spannung der Zweiheit und wird getragen von ihr. Gott muss die scheinbare
Differenzierung in eine Vielheit von Seelen erleiden, um das Spiel der
Liebe spielen zu können. Diese Vielen sind seine eigenen Formen,
denen gegenüber er zugleich die Rolle des göttlichen Liebenden
und jene des göttlichen Geliebten spielt. Als der göttlich
Geliebte ist er der wirkliche und letzte Gegenstand ihres Sehnens. Als
der göttlich Liebende ist er ihr wirklicher und letzter Erlöser,
der sie zurückzieht in sich selbst. Obwohl mithin die gesamte Welt
der Zweiheit nichts ist als Illusion, ist diese Illusion zu einem sinnvollen
Zweck ins Dasein getreten.“
dieses
zitat von meher baba, das du mir unter andern als denkanstoss geschickt
– zu autoritär gesagt, um als legende oder (erotische) fantasie
alleine durchgehen zu können, als poetische leistung zu bestehen.
es geht aus den formulierungen hervor, dass es sich hier um wahrheit,
"die wahrheit", handeln soll. es wird der begriff gott, der
begriff liebe auch, so eingeführt, dass er unkritisierbar erscheint,
eine reine ideologische angelegenheit, nicht einmal mehr ein ratemal.
ein recht egozentrischer, narzistischer gott, der sich seines göttlichen
daseins erfreut – ich sage mal: auf kosten der leidenden kreatur.
was für ein spass muss es sein, sich am anblick millionenfach sich
auffressender tiere zu delektieren. denn das ist natürlich damit
auch gesagt und verantwortet, wenn wohl vom verfasser nicht intendiert.
es ist genau diese götzenfigur der bibel. um dieser art liebe willen
wird ‚das böse’ vernichtet, in ihrem namen. damit ein
selbstverliebter gott es zufrieden sei. die (homo)erotische, selbstverständlich
mehrfach sublimierte und so sicher (heutzutage) nicht gemeint sein wollende
fantasie lässt aufhorchen: die verehrung des göttlich liebenden
und des göttlich geliebten – gegenstand des letzten sehnens.
wenn nun also diese illusion ins dasein getreten ist, immerhin eine
schmerzvolle, leidträchtige, depressionslastige angelegenheit,
so eine absolute sehnsucht – dann also einfach zur befriedigung
gottes und nichts weiter. wir sind nichts denn spielbällchen in
der hand gottes, ihm zum spass hundert martyrien ausgesetzt. das zu
glauben, das eine. das zu verehren, ein andres. –
man
wird nun einwenden, man wendet immer ein, ich hätte halt das wesen
der liebe nicht begriffen. es ist ja in der tat auch so.
mir
fällt ein die gewichtung der frage nach dem woher und wohin, das
wissenwollen um den anfang, das universum, gott. ich gestehe zu, der
mensch möchte das wissen. aber es kommt etwas entscheidenderes
hinzu, schwimmt immer mit und bestimmt den menschen zu grössern
teilen als die wissenschaftliche neugier: sein trieb zur einverleibung,
zur bewältigung und überwältigung. was würde er
nämlich tun, falls er kreaturen auf der wega entdeckte, das teilchen,
das alles zusammenhält, gott? weshalb also will der mensch wissen?
doch nicht um des wissens selber willen. dahinter steckt ein stärkerer
antrieb. es würde mitnichten bei entdeckung, aufdeckung aller dinge
ein paradies aufkommen im sinne einer harmonischen ruhe, einheit und
friedfertigkeit – einer erlösung. selbst die liebe als herrschende
kraft vorausgesetzt – es gibt sie nicht einfürallemal, einfürallemal
gleich. es ist alles dem wandel und der veränderung unterworfen
und bedarf ständiger aufmerksamkeit im sinne der verwandlungsfähigkeit.
und es ist nicht möglich, alles andere zu unterdrücken und
niederzukämpfen, was es ausser dem gefühl der liebe sonst
noch in uns gibt. um auf babas liebesbegriff zu kommen: ein gefängnis,
ein dogmatisches irrgebilde. ‚wir wissen, dass eine letzte wahrheit
existiert’ ist eine unredliche aussage. nein, das wissen wir durchaus
nicht. und sie würde uns zur förderung des friedens auch nichts
nützen. man kann auch die letzte wahrheit noch bekriegen. man kann
trotz kenntnis letzter dinge weiterwursteln wie bislang. der trick babas
wird darin bestehen, dass nur recht handelnde, im sinne seiner religion
handelnde, zur kenntnis dieser dinge überhaupt gelangen. die worte
jesu, "ich bin die wahrheit, die auferstehung und das leben",
sind höchste anmassung und herrschsucht. eine omnipotenzfantasie
und keineswegs liebgemeint. denn nur, wer sich ihm bedingungslos unterordnet,
ihm und seinem vater, wird gerettet werden. die angedrohte hölle
zu übermalen, hier und da was zu retouchieren, wegzulassen, wegzureden,
genügt mir nicht. jesu weltbild bestand nun einmal in der erwartung
des nahen weltuntergangs, bestand nun einmal in der vorstellung von
himmel und hölle, einer göttlichen und einer konkurrenzierenden
teuflischen macht, sie bestand nun einmal in der heilsversprechung und
dem göttlichen gericht. es zeigt sich eine gallenbittere unversöhnlichkeit
in seinen worten und predigten. und die glücksmedikamentation mit
den worten erlösung, auferstehung, wiedergeburt ist nichts andres
als ein billiges versprechen und eine nasführung mit der aussicht
auf olympischen, gottgleichen status des menschen.
ich
habe dein wort von den teilwahrheiten schon so verstanden, wie es gemeint
war. selbst der backstein ist nicht an sich wahr, weil wir über
das wesen des backsteins nichts wissen können. es ist aber wahr,
einen backstein backstein zu nennen. zu sagen, er sei ein klumpen gold
und damit den nächstbesten trottel übers ohr zu hauen, wäre
eine faustdicke lüge. wenn es "die wahrheit" nicht gibt,
respektive wir keine kenntnis davon haben, wissen wir auch nicht, ob
sie einzelne teile hat oder nicht. wahrheit ist für mich: so redlich
und genau das zu benennen, was ich zu sehen und zu erleben glaube. der
glaube, alles gehöre aus tieferem willen zusammen und sei miteinander
verbunden und nicht etwa zufällige, chaotische abfolge, ist eben
ein glaube und keine wahrheit. wir können nicht wissen, ob es eine
wahrheit im absoluten sinne gibt.
natürlich ist krieg ein missbrauch. gerade mit dem begriff der
wahrheit wird hier operiert. und damit eben: mit der lüge. und
mit der angst einher. mit der hetze.
dem
wort liebe wird allerlei zugesprochen. ein entflammtes herz, eine väterliche
betreuung. eine krankhaft geheissene veranlagung, eine stille gebärde,
eine affige hysterie. im strom der empfindungen treibt mehr mit als
ein einziges, quasi reines und als solches herausdestillierbares gefühl.
die menschen lieben wollen heisst schnell auch, sie schützen wollen.
ein übergriff, besonders, wenn keiner um hilfe gerufen, geschweige
denn, "die menschen" allesamt. es kann auch heissen, heisst
wohl auch stets, von ihnen rechttun zu erwarten, sie dem druck des wohlverhaltens
auszusetzen. was andres tut ein liebender vater? um mal von den stürmischen
leidenschaften zu schweigen, die du wohl mit dem wort liebe nicht speziell
meinst. aber wieviel eigennutz im gütigsten vater, stolz, spiegelung
eigener wesenszüge, aufs kind projiziert. wieviel leidenschaft
eigentlich auch da, möglichkeiten zur bitteren enttäuschung,
zur kindsverehrung, zur ungerechtigkeit in bezug auf andere, die ja
auch noch neben einem leben und leiden. raumergreifung und autoritätsgebaren.
selbststilisierung und dreinrederei. abhängigkeit und keineswegs
lupenreiner altruismus, weil es eben nichts eindimensionales, herausfilterbares
gibt. der ganze mensch kommt zusammen, alles klingt mit im wort von
der liebe. ich will damit keineswegs das positive lebensgefühl,
das damit ebenso einhergeht und im eignen erleben keiner analyse bedarf,
schlechtreden. ein glücklicher, fröhlicher, offener mensch
– was will man mehr! die vorstellung, der mensch könne nur
daraus bestehen, und alles wäre damit lautere liebe, ist eine paradiesische.
sie ist mir sehr, sehr sympatisch, und doch muss ich ihr widersprechen.
ich halte sie weder für möglich noch eigentlich für erstrebenswert.
meine grauen zellen schwant unheimliches, monotones, tötliches.
lieber übernehme ich dein wort von der achtsamkeit, von der achtung
und dem versuch, keinen zu verachten.
übers
"märchen vom frieden" später.
schnyders replik:
Meher
Baba ist konfessionslos, ich auch.
Wahrheiten sind wahr, auch wenn wir sie weder erkennen noch anerkennen.
Die Jupitermonde z.B. sind ein wenig älter, als ihre Entdeckung.
Die geistige Schöpfung können wir nicht beweisen. Aber sie
muss es geben, weil es keinen Handlungsimpuls geben kann, der nicht
im Geist begänne. Der Architekt kann
das Bauwerk erst zu Plane bringen, wenn er es im Kopfe, in seinem Geiste
hat. Was will er vorher zeichnen?
Mich freut, dass Dir das Wort Achtsamkeit gefällt. Hätten
die Menschen die Achtsamkeit gepflegt, wäre die ganze Menschheit
friedlich. Warum sie nicht achtsam mit einander umgingen, wissen wir
nicht. Und eigentlich müssen wir es auch nicht wissen. Den Wunsch
jedes Menschen, sein Leben in Frieden und menschenwürdig zu durchleben,
können wir
nur miteinander erfüllen. Dies mit Achtsamkeit oder mit Verachtung?
mit Versöhnlichkeit oder mit Rache? Dieses Wissen ist ausschlaggebend,
um den Frieden erarbeiten zu können, nicht das Wissen wer Schuld
ist, am entsetzlichen Dilemma der
Menschheit. Das Naturgesetz "Ursache und Wirkung" oder "Aussaat
und Ernte" wird uns immer einholen, früher oder später.
Wenn der Bauer nicht aussät, kann er nicht ernten, wird keinen
neuen Samen haben und wenn er nächstes Jahr nicht doch noch den
alten Samen aussät, wird das so weitergehen. Er erntet aber trotzdem:
nämlich den Konkurs.
Niemand hat ihn dazu verdammt, als er selbst. Niemand hat die Menschen
zum gegenseitigen Morden und Verhungernlassen verdammt, als sie selbst.
Wir müssen aufhören den Schuldigen zu suchen und ihn verdammen,
denn unsere Schuldzuweisung und Verdammung gilt für niemanden,
als für uns selbst. Wir entscheiden wer uns beherrschen kann. Wenn
es nicht die Achtsamkeit ist, beherrscht
uns ihr Gegenteil. Wenn es nicht die Versöhnlichkeit sein kann,
wird es die Rache sein, das "Wie du mir so ich dir." Wenn
die Menschheit so weiter fährt, wird das Morden und
Verhungernlassen fort dauern, bis in alle Ewigkeit. Wollen wir das??
Auf einem meiner täglichen Spaziergänge kam ich mit einem
älteren Polizisten in ein
kurzes Gespräch, er sagte zum Abschluss: „Wir kennen die
Gesetzte nicht, ausser wir wären Juristen; wir müssen sie
auch nicht kennen, denn wenn wir anständig sind, kommen wir mit
ihnen nie in Konflikt.“
Diesen Gedanken vertiefen bedeutet: „Wenn sich alle anständig
aufführen würden, bräuchten wir keine Gesetze, die Gerechtigkeit
wäre unser Alltag.“
Das ist logisch. Anstand ist logischerweise vernünftig und die
sich daraus ergebende Gerechtigkeit könnte unsere Normalität
sein. Achtsam mit einander umgehen, ist echter Anstand.
Jeder Mensch entscheidet sich für das eine oder andere.
dazu
sage ich das folgende:
wahrheiten,
sagst du, seien wahr, auch wenn wir sie weder erkennten noch anerkennten.
du untermauerst diesen satz mit den jupitermonden, die schon da waren,
ehe sie entdeckt. –
man
kann auch eine wahrheit kritisieren und bekämpfen. wahr muss nicht
bedeuten: gut.
der vergleich mit den monden hinkt: sie sind eine entdeckung, zwar augenscheinlich
schon zuvor dagewesen, aber nun eben aufgespürt. dann aber vergleichenderweise
zu behaupten, etwas nicht augenfälliges, unbeweisbares, erdachtes
sei demzufolge ebenso wahr und immer dagewesen, halte ich für eine
gaukelei. kolumbus hat amerika (wieder)entdeckt. deshalb muss es nicht
irgendwo zwischen zwei kontinentalplatten auch utopia noch geben oder
allotria, bloss weil ich es mir erdenke. bis allotria nicht entdeckt,
dürfen wir seriöserweise nicht von seiner tatsächlichen
existenz ausgehen. und wenn nun alte schriften behaupten, auf allotria
regiere der teufel oder der osterhase oder gottselbst, wird seine entdeckung
sehr, sehr unwahrscheinlich. und dann behauptet die schrift noch, gott
sei "gut". und hat doch die katastrofe von der sintflut eingeleitet,
weil ihm, so die schrift, das geschlechtsleben des menschen nicht in
den kram passte. ich jedenfalls möchte allotria nicht erleben und
erhebe einspruch gegen jede angebliche oder tatsächliche regentschaft
gottes.
zu behaupten, etwas rein geistiges sei tatsächlich auch ausserhalb
unserer hirnzellen vorhanden, schwebe quasi als geist über den
wassern, ist eine weiterentwicklung animistischer vorstellungen. ich
halte es für unfug, daraus irgendeine erklärung oder gewissheit
abzuleiten. der architekt, in der tat, scheint gut beraten, wenn er
zuvor was im kopfe hat, bevor er irgendwie was aufs papier kritzelt.
allerdings gehört zur kreativen fase eben auch das, was aus dem
augenblick heraus entsteht. mache ich ein gedicht, schwebt mir was vor,
ich habe vielleicht einen anfangssatz. wohin mich der prozess dann aber
treibt und welche art von gedicht sich letztlich ergibt, weiss ich nicht,
sonst könnte ich das neue gedicht ja auswendig grad hinschreiben.
der plan ist also durchaus nicht fixfertig im kopfe. vielleicht ein
vager impuls. wie entsteht er? das weiss ich eben nicht. es wäre
mir viel kreativer handlungsspielraum genommen, wenn ichs wüsste.
begänne ich etwa ersthaft mit der analyse und der ausdeutung meiner
träume. der ganze spass wäre mir genommen. wenn du also sagst:
es muss einen architekten geben fürs weltgefüge, missdeutest
du den kreativen prozess. wenn du sagst, es hätte sonst nicht entstehen
können, schiebst du die frage nur einen zentimeter weiter von dir
fort. wer hat die welt erschaffen? gott! wer hat gott erschaffen? hat
er auch einen architekten?
du kannst ebensogut schon bei der erschaffung der welt passen, bevor
du gott ins spiel bringst. du kannst ebensogut sagen, die welt sei schon
immer dagewesen oder hätte sich aus dem nichts ergeben. gott ist
eine scheinantwort. eine antwort, die keine weitere frage zulässt,
ist ein dogma. ein machtanspruch. eine gefährliche autorität.
das bisschen geist, was uns vielleicht zufällt, ist damit ausradiert.
friede,
liebe, menschlichkeit bedürfen durchaus keiner übernatürlichen,
dogmatischen grundlage. im gegenteil.
zum "märchen vom frieden". über paradiesische vorstellungen
habe ich mich weiter oben bereits ausgelassen. jeder mache sich die
eigene. mir ist der gedanke, es möge menschen geben, die nichts
wollen, „als sich ihren wunsch erfüllen, in frieden zu leben“
– suspekt. was will ich dann noch, wenn ich frieden habe, da kann
ich gleich ins nirvana eingehen. ein bisschen hoffen, streben, kämpfen
und verzweifeln wirst du mir noch gönnen. was ist erotische liebe
beispielsweise anderes als buhlen, ringen, kämpfen mit und um den
andern und mit oder gegen die eigne identität? du übersiehst,
dass wir fressen und damit irgendwas andres organisches, lebendiges
töten müssen. auch wenn es der metzger für uns macht.
dass wir gegen naturgewalten ins felde ziehen, um ein warmes fell, eine
gerettete ernte, ein schützendes dach. leben ist mir zu sehr behauptung,
bewältigung, verlust, um grundsätzlich frieden haben zu können.
mein paradies ist ein abenteuerliches. im reinen frieden wird keine
freude mehr sein und keine lust.
„sie machten noch viele fehler, aber unabsichtlich, weil sie nicht
alles wussten.“ eines tages sollte man keine fehler mehr machen?
dann hörte der lernprozess auf? damit wäre vitalstes verpufft,
begraben, gelöscht. die menschen, von denen du im märchen
redest, wären mir viel zu dressiert. und könnten die jetzigen
die natur auslöschen, die ganze natur? eine überheblichkeit.
was vermag der mensch gegen die natur. ist nicht auch kernspaltung natur?
ist nicht ein atomarer prozess natur, die verdampfende, millionengrad
erhitzte sonne natur, natur? was wollen wir menschlein da auslöschen
können ausser uns selbst und, leider, millionen von tieren. aber
die natur?
vielleicht gibst du mir ja sogar recht und meinst es halt nicht genauso
mit den wörtern natur und friede, meinst schon, dass auseinandersetzungen,
wir führen ja grad eine, an sich streit sind, aber zivilisiert
verlaufen können, anständig. es ist eine eigenart von mir,
allzu grossflächige wörter zu zersetzen, weil sie nichts taugen
(ausser zum patetischen allesinallemumarmen). weil jeder ratten- und
menschenfänger sie dauernd im munde führt. „nie wieder
krieg“ wollen deine märchenmenschen, und gleich drauf heisst
es, sie lernten aus den fehlern der vergangenheit. es müsste heissen:
sie lernten aus den verbrechen der vergangenheit. fehler machen ist
nichts böses, oder? krieg aber...um auf dein gut-böse zu verweisen.
siehst du, so allgemeinbegriffe wie "fehler machen" sagen
eben alles und nichts. man muss den krieg durchaus als verbrechen geisseln
und blossstellen, fehler zu sagen ist beschönigung.
das märchen vom frieden schreibt ein anarchist, also ein mensch,
der herrschaftsfreie zustände anstrebt, ohne ein oben und unten,
ohne macht- und habgier. er plädiert für versöhnlichkeit,
gerechtigkeit, achtsamkeit und anstand. für seine haltung verdient
er applaus. doch er lässt den herrschaftsanspruch gottes zu. und
er lässt die herrschaft des anstands gelten. man kann durchaus
wegen anstands ins gefängnis kommen, ich habs selber erlebt. es
steckt viel zu viel zwang, zu geschriebenem und vorallem ungeschriebem
gesetz geronnene macht, kontrolle und pflicht in diesem anstand. wir
leben in einer gesellschaft, wo es eine straftat ist, nackt wie man
geboren herumzulaufen. das fände er vielleicht auch unanständig.
oder täusche ich mich? es ist immer noch der drangsalierte, kujonierte,
dressierte und konfektionierte mensch, der mir im utopia des märchens
erscheint. er sagt, reichsein bedeute ihm nichts. aber er lebt in einem
sehr reichen lande. er ist sehr beflissen und möchte keine fehler
machen. er will weder richter noch gesetze, aber er hat die sittengesetze
verinnerlicht und ist sein eigner richter und er möchte, dass es
jedem so ergehe. er will, dass sich die religionen auflösen, wie
von selbst, aber er besteht auf religiösen texten und vorstellungen,
und schickt sie mir. er verzeiht allen alles, aber er unterdrückt
unbemerkt starke lebensimpulse.
ich glaube, dort möchte ich nicht leben. –
und
wieder max schnyder:
Danke für Deine Replik.
Es ist ganz einfach logisch, dass dem Architekten während des Zeichnens
noch unvorhersehbar viele Intuitionen
zufliessen. Die Frage ist erlaubt: Woher kommen sie? Der Grundgedanke
aber war da, bevor er mit zeichnen begann.
Wenn der Dichter ein Gedicht schreiben will, muss er zuerst ein Thema
wählen, die Inspirationen kommen während
des Schreibens.
Wenn J. S. Bach eine Fuge schreiben wollte, musste er ein Thema erfinden,
das ebenfalls aus einem Gedanken
entstand, oder einem Text, erst dann konnte komponieren, den Plan zeichnen,
die Tonfolge erdichten.
Vielleicht musst Du das Märchen vom Frieden nochmals lesen. Zu
lesen was geschrieben ist, ist einfach, aber das genügt nicht.
Wir müssen versuchen herauszufinden, wie es gemeint ist, weil jeder
das Gelesene anders versteht und auch anders formulieren würde.
Mich dünkt, dass Du das Folgende anders verstehst, als ich es meinte:
Die Steinbeile wurden zu Massenvernichtungsbomben, die sie sich gegenseitig
über die Köpfe hauten, mit immer derselben steinzeitlich mörderischen
Gesinnung. Die Folgen waren entsetzlich und brachten sie zur Einsicht.
„Nie wieder Krieg“ wollten sie diesmal verwirklichen, denn
beinahe hätten sie sich selbst und die Natur ausgelöscht.
Kriege sind Massenmorde, die entsetzlichste Manifestation der Unversöhnlichkeit,
der Rache, der Hab- und Machtgier, der Gewalt, des Hochmutes, der Ungleichwertigkeit,
der Verachtung, des Hasses usw. Der Schrei NIE WIEDER KRIEG, ertönte
nach jedem Krieg und ist eine Manifestation der aufkeimenden Friedenssehnsucht.
Aber der Rachedurst des Hasses, die Hab- und Machtgier usw., zerstörte
jedesmal schnell die Friedenssehnsucht und liess sie zur bleibend unerfüllten
Utopie verkommen.
Warum der Kriegswille wieder überhand nahm, ist unverständlich.
Ohne Utopie kann es keinen Fortschritt geben. Es ist also falsch, eine
Idee als Utopie abzulehnen, nur weil sie undurchführbar erscheint.
Die erste Frage sollte lauten: "Wohin führt uns diese Idee,
was sind ihre Auswirkungen?" Wenn sie z.B., nicht zum Frieden führen
würde, sollten wir sie vergessen. Führte sie aber
zum Frieden, würden wir gegen besseres Wissen handeln, wenn wir
sie nicht realisieren wollten, und das ist mit die grösste Dummheit,
die wir begehen könnten.
Auch die Demokratie war zuerst eine Utopie. Sie ist allerdings immer
noch nicht wirklich realisiert.
Denn Demokratie heisst: "Alle Stimmen anhören, nötigenfalls
die eigene Meinung korrigieren, und miteinander nach Lösungen suchen,
die allen Menschen gleichermassen nützen."
Gerne will ich Dir Fragen stellen:
Wie können wir die Utopie "Demokratie" realisieren, miteinander
oder gegeneinander?
Wie können wir die Utopie "Frieden" erarbeiten, miteinander
oder gegeneinander?
Wie ist das Miteinander möglich, mit Achtsamkeit oder Verachtung,
mit Versöhnlichkeit oder Rache,
mit Liebe oder Hass?
Was ist der Sinn unseres Lebens, mit zu helfen die Massenmorde der Kriege
zu erhalten oder mit zu
helfen den Frieden erarbeiten?
M. Gandhi sagte: " Die Menschen müssen zuerst dazu gebracht
werden, untereinander Frieden zu schliessen.
Dann wird sich ihr Wunsch, in friedlicher Nachbarschaft zu leben, auch
in der Politik widerspiegeln."
Und: "Du musst selbst zu der Veränderung werden, die du in
der Welt sehen willst."
Wir müssen bei uns selbst beginnen. Über uns selbst nachdenken,
nicht die Fehler bei anderen oder Gott bei
suchen. Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen können wir das Dilemma
der Menschheit nicht lösen.
Schade um unsere Fähigkeiten, die uns zum Frieden befähigen,
sie liegen brach.
In welcher Welt möchtest Du leben?
was mich zur antwort veranlasste:
es
scheinen mir zuviele trugschlüsse in deinem modell, als dass ich
zustimmen könnte. es ist garnicht so logisch, dass der dichter
"ein tema wählt", bevor er sich zum schreiben niedersetzt.
je mehr er dichter und kein blosser lohnschreiber ist, desto weniger.
dichten ist ein viel zu existentieller prozess, als dass einer wie im
warenhaus aus einer angebotspalette sich bedienen könnte. es gibt
sogar ganze werke ohne eigentliches tema. es ist nie das tema, welches
einen dichter aus einem schriftsteller macht. ein dichter ist ein wortschöpfer,
der sich in die sprache hineinsteigert, kein planer. der stoff ist nicht
einfach schon vorher da, sondern entsteht eben erst beim schreiben und
durch das schreiben.
natürlich ist deine frage, woher die intuitionen kommen, erlaubt.
meine aber, woher gott komme, ebenso. wir können beide nicht antworten.
ich wiederhole meinen früheren gedanken: weshalb soll ich gott
zur erklärung dazwischenschieben, den ich mir ebenfalls nicht erklären
kann, und mich zufriedengeben?
(das beispiel des johann sebastian: es gibt die verbürgte anekdote,
er liess oft einen schüler ein tema spielen, irgendeins. er musste
ja ständig produzieren und hatte wenig freie zeit. wenn er das
vom schüler vorgespielte dann hörte oder las, legte er sich
selber ins zeug. aber das nur nebenbei).
ich weiss schon, wie du es meinst, dein märchen vom frieden (und
anderes). ich aber betreibe sprachkritik. ich decke auf und lege bloss.
eine allgemeinmenschliche sehnsucht nach dem frieden zu deklarieren,
halte ich für verfehlt. friede bedeutet mehr als "keinen krieg"
(soweit bin ich ja mit dir sehr einverstanden) – das wort trägt
viel weiter, es bedeutet auch ruhe, sattheit, ordnung, es kommen deutungen
nach der selbstzufriedenheit, einflüsse des obsiegens hinzu. jedwede
aggression, den ganzen machttrieb, den hunger, selbst die kreativität,
die durchaus nicht friedvoll ist, wegzudenken, zu denken, alles löse
sich in frieden auf, fliesse zu einem allesineinem, ruhenden, abgeklärten,
halte ich für gefährlich trügerisch. du überspielst
diese und andre dir wohlbekannten eigenschaften jedes kraxelnden, kribbelnden,
strampelnden und zupackenden geschöpfs, kurz: jedes geschöpfs
mit diesem wort von der sehnsucht nach frieden, sagst sogar, friede
beginne oder erweise sich auch in der waschküche. ich denke mir
dazu, das letztgenannte sei sowas wie bürgerlicher anstand, der
auseinandersetzungen und streit unter dem deckel halten soll. die sehnsucht
ist ein glückserfüllter zustand. leben aber ist kein andauernder
zustand, sondern wechselweiser prozess. findest du den hunger denn friedlich?
dass ich essen muss friedlich? möchtest du das essenmüssen
auch weghaben, sodass kein andres geschöpf mehr ins gras bisse
unseretwegen?
die
mörderische gesinnung, die du erwähnst, haben wohl die wenigsten
krieger. dem soldaten macht man angst, droht ihm mit dem tode, damit
er töte. willst du allen schweizerischen rekruten mörderische
gesinnung vorwerfen? dann hausen in deiner umgebung zahlreiche mörder?
natürlich begehen soldaten morde im kriege. aber nicht aus mörderischer
gesinnung, sondern aus angst. (weiss schon wieder, wie dus meinst, natürlich
nicht so, wie ich dirs jetzt verdrehe. ich nehme dich aber eben beim
wort und nicht bei der gesinnung).
dein wort von der utopie: utopie ist wunschvorstellung, sagst du. ohne
utopie also kein fortschritt, sagst du. ich folgere: der technische
fortschritt ist durch utopie entstanden, friedliche? oder nach dem wunsche
der bereicherung? siehe: wünsche haben ist nicht unbedingt ein
"friedlicher" trieb. im utopischen frieden wären wir
wunschlos (glücklich). damit wären wir überhaupt nicht
mehr, und deine macht gottes hätte uns gefressen.
mir scheint es auch falsch, eine utopie wegen undurchführbarkeit
gedanklich abzulehnen. sie aber in ein erklärungsmodell einzubauen,
gar in ein politisches, und allen menschen die gleiche sehnsuchtsvolle
utopie aufzubürden, ist mir unakzeptabel.
dein fragen nach der realisierbarkeit der demokratie, der erhaltung
des friedens usw. sind rein retorischer natur, welche die antworten
schon vorwegnehmen. es sei denn, man stünde als unmensch da. es
steckt eine manipulation hinter solcher art fragen. mir passt diese
bauernfängerei nicht. ich bin versucht, etwas patzig zu sagen:
ich habe keine demokratische utopie, die eigentliche frage ist mir also
obsolet. gut gehen wirds nicht gegeneinander, schon klar. auch frieden
ist mir keine utopie. ich masse mir nicht an, im namen der menschheit
zu sprechen.
wie das miteinander möglich sei? das miteinander ist ein künstlicher
begriff, so in bausch und bogen über das menschentum gesagt. versöhnlichkeit
und rache sind mir keine gegensätze. wenn ich mich mit jemandem
nicht versöhnen kann oder will, hege ich deshalb keinen rachedurst.
und den sinn des lebens gibt es nicht. jeder suche sich den seinen.
ich
glaube bald, ich möchte in keiner welt mehr leben. das chaos wird
mich hinfortspülen, heute, morgen, in 40 jahren. eher früher,
glaube ich. und dann möge man mich ruhen lassen.
max
repliziert, zum vereinbarten schluss:
Du hast recht: "in der Argumentation ist eine Annäherung schwer."
In unseren Ein- und Ansichten sind einige Differenzen sichtbar geworden.
Wenn wir versuchen würden sie zu überwinden, würden wir
das Gegenteil erreichen, wir würden sie verstärken. Grundsätzlich
können Differenzen nicht überwunden werden.
Aber es gibt einen Weg ihre Bedeutung zu vermindern: Indem wir das Gemeinsame
suchen, verlieren sie zunehmend an Bedeutung.
Ich will es versuchen:
Wir haben die gleichen Bedürfnisse: Nahrung, Kleidung und Obdach;
die gleichen Wünsche: im Frieden und menschenwürdig unser
Leben durchleben in einer friedlichen Menschheit; unsere Begabungen
und Fähigkeiten entwickeln und ausleben zu dürfen.
Auch wenn diese Bedürfnisse und Wünsche Utopien sind, sie
sind ganz einfach da.
Jedes Menschen wahres Glück steht und fällt mit der Verwirklichung
dieser Bedürfnisse und Wünsche. (Unter Glück verstehe
ich viel mehr als, "Schwein ghaa")
Wir sind auf ein achtsames Miteinander angewiesen.
Was wir aus Achtsamkeit tun, kann nie falsch sein.
Wir sind erleichtert, wenn uns verziehen wird.
Dem Nächsten verzeihen, befreit uns vom Zorn.
Habe ich wirklich jemals behauptet die Soldaten hätten eine mörderische
Gesinnung?
Du kannst mir antworten oder nicht. So oder so wünsche ich Dir
das Beste und sage
schon jetzt (vielleicht zu früh?) lebe wohl und auf Wiedersehen.
Wir werden uns wieder sehen, ob Du es glaubst oder nicht.
Frieden ist mehr als kein Krieg.
Mir geht es um die Wahrheit, wie wir den Frieden erarbeiten
könnten und um die Wahrheit der Liebe.
Über die Wahrheit des Krieges und des Hasses
wissen wir leider besser Bescheid.
Noch ein Zitat von General Bradley, aus seiner Rede in Boston 1948:
"Wir haben zu viele Wissenschaftler, zu wenig Männer Gottes.
Wir kennen das
Geheimnis des Atoms und lehnen die Bergpredigt ab. Unsere Welt ist eine
der
nuklearen Giganten und der ethischen Zwerge. Wir wissen mehr über
Krieg als
über Frieden, mehr über das Töten als über das Leben’.“