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daniel
costantino
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offener
brief an bischof koch
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bern,
28. september 2003
chapeau, herr bischof ich muss sagen, ich
bewundere sie: da gehören sie, nachfolger der hl. apostel aufgrund
göttlicher einsetzung, nun seit ein paar jahren schon zur hohen geistlichkeit
ihrer hl. kirche, der einzig wahren und unasancta, tragen die fülle
des weihesakraments auf ihren hirtenschultern, die würde eines (modernen)
hohepriesters, sind hoch aufgestiegen in der hl. hackordnung, wenn ich
das etwas salopp sagen darf. und da vor allem bewundere
ich sie für den mut und die kraft und die herrlichkeit trotz allen
widerständen, allem spott, sich einer ungläubigen, überzogen
toleranten oder irrgläubigen gesellschaft entgegenzustellen, mit
tief empfundener überzeugung, liebe zum nächsten, zum feinde.
fast hätte ich gesagt: mit einer guten portion fanatismus, wenn das
wort seit dem 11. september nicht einen schlechten beigeschmack hätte
- islamische terroristen, das schreckliche ziel des islams, vollisalmische
staaten zu errichten, herr bischof, länder des friedens, wie sie
uns warnen, mit recht warnen. da können wir nicht vorsichtig genug
sein, skeptisch, misstrauisch, ganz recht. am ende schlachten uns diese
staaten noch ab wie weiland die christlichen europäer die indianer,
die inquisitoren die ketzer, das christliche abendland schon seit je und
der katolische hitler im besonderen die juden. der papst! welch ein
friedensfürst! antikommunistisch bis ins mark, sein engagement für
den frieden weltweit, seine klare position gegen sinnlose und ungerechte
kriege! da hätte ich gleich eine frage an sie, ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber: gesetzt den fall, er wäre nächstes jahr schon tot, der alte, kranke, hl. mann - würde dann der neue papst in die schweiz kommen, abgemacht ist abgemacht quasi, oder müssten wir dann wieder lange warten? ich hoffe doch sehr, und meine hoffnung hat viel geduld, nicht so lange wie wir armen schafe aufs weltende, das von jesus als kurz bevorstehend gepredigt wurde. ein weiteres beschäftigt
mich: sie äussern sich in besagtem interview entschieden gegen die
invitrofertilisation, und sie stellen, mit einer gewissen entrüstung,
wie ich herausgelesen zu haben vermeine, fest, dass der ursprung dieser
entwicklung in der sexualität ohne zeugung liege. das müsste
doch der katolischen kirche recht eigentlich gefallen, denkt mein gewiss
kleiner und unbedeutender geist, gerade dem papst, der ja so eindringlich
und glaubwürdig die sexualität geisselt und dagegen die keuschheit
lobt und preist. ich gestehe, ich bin mitten im interview plötzlich erschrocken: ein bischof, der sich pessimistisch äussert zur zukunft des glaubens, fast resigniert, fatalistisch nach jahrelangem einsatz für die gute sache - das hat mir schon zu denken gegeben, fast das herz gebrochen, wissen sie, das habe ich ihnen geglaubt aufs wort, dass sie förmlich spüren, wie der glaube verdunstet, und ich halte mich für sehr sensibel diesbezüglich, also zum beispiel uriella könnte mir da nicht kommen oder ihr gatte mit seinen billigen taschenspielertricks. doch der schluss des gesprächs hat mich mit der heutigen, sündigen und miserablen welt doch auch wieder ein wenig versöhnt: sie erlebten heute, so ihr schlusswort, viele junge als menschen, die nach neuen gewissheiten suchen. und da hab ich mir gedacht, da sie dann doch wieder der ansicht sind, die grosse krise sei bei den jungen schon überstanden, da hab ich mir gedacht, dass sie trotz allem und gottseidank die kraft noch besitzen, den jungen die neuen gewissheiten auch eindringlich zu predigen und die zukunft der menschheit auf den rechten weg zu bringen, ganz abgesehen, dass die gewissheiten der katolischen kirche nicht neu sein können, weil ja die bibel nun mal vor über zweitausend jahren geschrieben wurde und das echte, unverfälschte wort gottes offenbart; aber das weiss ein zweifelnder, ungläubiger ja nicht, es muss ihm neu erscheinen, wieder in neuem glanze, verjüngt, in der neuen sprache der zeit eben. und das ist nun das edelste, was wir als menschen tun können, den alten geist des alten gottes wieder neu aufleben zu lassen, sie werden mir gewiss recht geben. ich vermag dies kaum zu leisten, da mir keine göttlichen sakramente geschenkt wurden, aber sie, herr bischof, sie können das, gnade der kraft des hl. geistes und ihres hl. amtes, und auch dafür danke ich ihnen und preise und bewundere ich sie.
daniel costantino
www.schandfleck.ch original an bischof koch, kopie an sonntagszeitung. |
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