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heinrich
frei
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knecht ruprecht:"die rute ist hier" |
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jetzt
ist wieder samichlauszeit. fünfzig chlauspaare zogen durch die zürcher
bahnhofstrasse. es gab kleine kinder die angst bekamen, die in panik gerieten,
wie ein journalist des tages anzeigers beobachtete. denn der chlaus ist
immer noch eine bedrohliche figur. - im migros und anderswo werden noch
samichlaus ruten verkauft
ich erinnere mich jetzt wieder an den
psychologischen ratgeber des beobachters, an koni rohner, der in diesem
blatt, das weit über einer million leser hat, den samichlaus brauch
als gesundes ritual verteidigte, das sicherheit gebe
("rituale
sind inseln der geborgenheit" von koni rohner, beobachter 23/2003)
der brauch des samichlauses ist jedoch gerade ein ritual das nicht akzeptabel ist, das angst macht, das verunsichert. es stammt aus einer zeit, wo es als gut befunden wurde kinder mit zuckerbrot und rute zu erziehen. dieser brauch stammt auch aus einer zeit, wo man meinte, man müsse kindern die welt nicht erklären wie sie wirklich ist, sondern man müsse den kleinen zuerst irgendwelche geschichten auftischen vom dem storch der kinder bringe, vom osterhasen der eier im garten verstecke, dem christkind das geschenke unter den weihnachtsbaum lege, man dachte es sei gut kindern märchen und religiöse mythen zu erzählen. aktueller als der samichlaus sind heute natürlich computerspiele und fernsehsendungen. auch diese moderne beeinflussung macht kinder kaputt, macht aus ihnen vielleicht gerade noch gute soldaten. dave grossmann
und g. gaetano, wer hat unseren kindern das töten beigebracht?
ein aufruf gegen gewalt in fernsehen, film und computerspielen, verlag
freies geistesleben, stuttgart 2003, 192 seiten, isbn 3-7725-2225-4,
fr. 25.20 früher hatten viele kinder noch mehr angst vor dem samichlaus. ein knabe versteckte sich unter dem küchentisch, wenn der schwarze kapuzenmann zur türe hineinkam. ein mädchen machte in die hosen. eine bald sechzigjährige frau wechselte heute noch die strassenseite, wenn ein chlaus ihr entgegenkommt. der dichter theodor storm schmiedete meisterhafte verse zum samichlaus. sein gedicht, "knecht ruprecht" beginnt so schön: "von drauss' vom wald komm ich her, ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!" später wird das gedicht bedrohlich, das christkind "droben aus dem himmeltor", fragt knecht ruprecht: "hast denn die rute auch bei dir" er antwortet: "die rute, die ist hier, doch nur für die kinder nur, die schlechten, die trifft sie auf den teil, den rechten. christkindlein sprach: "so ist es recht! so geh mit gott, mein treuer knecht." es grüsst freundlich h. frei |
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