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    schandfleck.ch_archiv/2003/august/leserbrief
heinrich frei

zum ohrfeigen bundesgerichts-entscheid

schläge und untertanen-mentalität

wer seine kinder schlägt, befindet sich in guter gesellschaft. 75 bis 80 prozent der schweizer eltern setzen gewalt als erziehungsmittel gegen ihre kinder ein, sagt der kinderschutzbund. sogar bei säuglingen, die noch nicht einmal sprechen können, soll es vorkommen, dass mütter und väter versuchen lästiges schreien mit schütteln und schlägen abzustellen.

weshalb werden kinder von ihren eltern geschlagen? ein grund ist, die eltern wollen gehorsame kinder. gehorsam ist später ja so wichtig, zum beispiel in der kaserne. wer dort seine knarre in die ecke wirft, nachdem er bereits fünfmal zum kleider wechseln in den fünften stock gehetzt wurde, wird ein fall für den psychiater und wird nach hause geschickt. das gleiche am arbeitsplatz: am besten sagt man immer ja chef, selbstverständlich chef, wird sofort erledigt, chef. leute die kritisieren, auf widersprüche aufmerksam machen, nicht spuren, werden bald nicht mehr "tragbar".

das personal hitlers, die soldaten und offiziere der wehrmacht, die mordend und brandschatzend durch europa zogen, wurden vermutlich von vätern, müttern und lehrern auch mit körperstrafen "gut" erzogen. sie gehorchten auf jeden fall ihrem führer. sie erhielten für ihren "dienst" sogar später eine rente, zusammen mit den ss-schergen, die juden, zigeuner und homosexuelle in konzentrationslager gesperrt hatten. die nach gefängnis und konzentrationslager überlebenden deserteure, kriegsdienstverweigerer und wehrkraftzersetzer und ihre angehörigen sahen hingegen nie eine rente, schon gar nicht eine entschädigung für das unrecht das ihnen angetan wurde. 30'000 kriegsoppositionelle wurden während dem zweiten weltkrieg zum tode verurteilt. davon wurden 25'000 exekutiert. erst am 15. mai 1997 wurden die deserteure, verweigerer und wehrkraftzersetzer vom deutschen bundestag rehabilitiert. doch immer noch recht zweideutig. die wenigen noch überlebenden deserteure hätten ihren fall, ihren ungehorsam, persönlich noch einmal vor gericht aufrollen lassen müssen, um amtlich rehabilitiert zu werden. sie weigerten sich den auch dies zu tun.

wer seine kinder schlägt, begünstigt politisch autoritäre tendenzen und eine gefährliche untertanenmentalität, die wir eigentlich alle nicht wollen. dies zeigen untersuchungen zur entwicklung der autoritären persönlichkeit.

zudem: der psychiater günter pernhaupt und der kinderarzt hans czermak haben in ihrem buch "die gesunde ohrfeige macht krank, über die alltägliche gewalt im umgang mit kindern", gezeigt, dass auch harmlose klapse und haarereissen kinder krank machen kann, und das band des vertrauens der kinder zu den eltern reissen lässt. in zielgruppenuntersuchungen wurde schlüssig bewiesen, dass körperlich strafende erziehung mit hoher sicherheit zu einer krankhaften seelischen entwicklung von kindern führen kann, zum beispiel zu jugendkriminalität, suizid, depressionen und drogenabhängigkeit.

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