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"die
korruption des geistes ist das ergebnis eines zusammenspiels zwischen den
existentiellen ängsten und der bequemlichkeit des menschen einerseits
und den einflüsterungen der heilsversprecher andererseits" theo
logisch
es wird immer wieder
der versuch unternommen, die gewissensprüfung, also das zulassungsverfahren
zum zivildienst, als eine faire sache, das gewissen als ein objektiv erfass-
und erforschbares gebilde darzustellen, um davon abzulenken, dass es sich
bei der ganzen helvetischen gewissensprüferei um ein reines quotenverfahren,
eine numerusclausus-angelegenheit, eine hinter verschlossenen türen
abgekartete sache handelt, wie so manches in der real existierenden demokratie.
auch vor polemik und lüge wird nicht zurückgeschreckt, wie in
dieser zeitung schon demonstriert. zum guten glück für die "zentralstelle
zivildienst" müssen positive entscheide dem gesuchsteller nicht
begründet werden - man würde freilich auch dies zustandebringen,
wie die jahrzehnte-, jahrhundertelange militärgerichtspraxis beweist.
hier indes, bei der zentralstellenamtlichen gesinnungsschnüfflerei,
gehts lockerer zu, bei rund dreiviertel annahmen der gesuche in erster
instanz. weil man die leute schliesslich will und braucht! hat man hingegen
einen aus der schar der antragsteller herausgepickt, der einem aus irgendeinem
grunde nicht passt, steht das repertoire, ihn abzulehnen, parat, ein sammelsurium
hohler floskeln, abgedroschener frasen, frecher unterstellungen und verleumdungen,
staatlicherseits, christlicherseits, wie eh und je. wen will man rausschmeissen?
die ungehorsamen, die gemerkt haben, dass militär und kriege nie
mit hehren vaterlandsidealen zu tun hatten und haben, sondern mit machtspielchen
und terror einflussreicher, kapitalistisch-industrieller und kirchlicher
kreise, und die sich das auch zu sagen getrauen; die filosofen, die von
freiheit schreiben in ihrem gesuch, worum es in dieser zivilisation in
keinen fünf minuten der geschichte noch gegangen ist; die esoteriker
und andersgläubigen, denn damit würde man ja gar die konkurrenz
der etablierten landeskirchen belohnen, die, mächtig, unermesslich
reich und erst noch subventioniert von den steuerzahlern, den grossen
teil des bildungs-, pflege- und sozialwesens, auch des militärwesens,
inspirieren und abdecken - auch hier subventioniert.
nun hat man da in carlo wieder mal ein opfer gefunden. carlo gibt sich
als buddist zu erkennen, schreibt, dass sich sein gottesbild von dem seiner
eltern entfernt habe - kirchgänger der vater, eher esoterisch veranlagt
die mutter. "nach meinem glauben ist gott nicht eine person, sondern
eine energie, aus der alles, auch wir menschen, bestehen. somit ist jeder
mensch, jedes tier und jede pflanze göttlich und muss geachtet werden...
das vorläufige ziel des buddistischen weges ist die erleuchtung,
der zustand, in dem man fähig ist, in allem gott zu sehen und somit
für alles und jeden liebe zu empfinden... mein ideal des gewaltfreien
lebens kann nicht auf ein bestimmtes schlüsselerlebnis zurückgeführt
werden. die endgültige hinwendung zur gewaltfreien denkweise erfolgte
sicherlich in meiner pubertät durch die hinwendung zu meinem buddistisch
geprägten glauben und gründet in der erkenntnis, dass eine einteilung
der menschen in gut und böse nicht möglich ist, sondern dass
alle menschen göttlichen ursprungs sind."
ein hartes wort für christen, egal welcher provenienz, die an den
teufel, an das paradies und an die hölle zu glauben haben. (eine
hölle, der gegenüber sich hitlers kazetts noch vergleichsweise
human ausnehmen.) sprechen nicht selbst die helvetischen vbs-experten
vom bösen, das es zu bekämpfen gelte, kriegerisch natürlich,
schnüffelstaatlich, gewaltsam. und wird nicht gerade das gewissen
von eltern, lehrern und bischöfen mit drohendem unterton als die
innere stimme definiert, die vor dem bösen warnt, das schon darin
liege, nicht zu gehorchen, nicht dankbar zu sein, unkeusch zu leben? und
hat dieser irrationale gespensterglaube an das böse nicht millionen
erniedrigt, diskriminiert, krank und falsch gemacht und tut es noch! wer
sich diesen selbstverständlich immer gutgemeinten wahrheiten verschliesst,
muss ja böse sein im bewusstsein einer religion, die sich anmasst,
die wahrheit zu kennen, die gewiss von der existenz gottes weiss und seines
sohnes, den er geopfert habe, uns zu erlösen - wieviel blut klebt
schon an diesem für alle christen gültigen dogma! einer religion
(nicht einmal deren persiflage), die noch für jeden grossschurken
der weltgeschichte in den letzten 2000 jahren beten liess, die noch stets
die waffen zum kriege gesegnet hat, die bomben und raketen, sogar die
atombomben, die eigenen natürlich, und die zuverlässig "das
reich des bösen" ortet, den untergang der welt beschwört,
ihren rachedurstigen, unversöhnlichen götzen in allen staatsmännischen
reden und staatsverfassungen anruft. aber auch sektenbeauftragte abkommandiert,
wenn ein neues sprachrohr gottes oder dergleichen in eine welt hineintrompetet,
die gerade, weil sie christlich ist, so dermassen auf den hund gekommen
ist, oder halb- oder dreivierteltote scheints wieder quicklebendig macht.
"denn der satan selbst gibt sich als engel des lichts aus!"
welch antiquierter hokuspokus, da wie dort! doch wenn wir schon die bomben
selbst bezahlen, die uns niedermachen, können wir es auch mit den
institutionen tun, welche die etische rechtfertigung und grundlage dieses
treibens bilden!
nein, wer solches denkt und glaubt und schreibt, wer argumentiert, krieg
sei ein teufelskreis nach dem motto "auge um auge, zahn um zahn"
(denn der böse ist ja immer nur der feind, selber schlachtet man
millionen indianer, neger, hexen, andersgläubige, vietnamesen, afganer
hinweg und will doch immer nur das beste für sie), wer gewaltfrei
kämpft und wie carlo "die gegner nicht als ausgeburt des bösen
betrachtet, sondern in jedem einzelnen einen menschen sieht, welcher eine
familie hat, die um ihn weint, einen menschen, der, wie jeder andere auch,
den frieden mehr liebt als den krieg, einen menschen, der fähig ist,
mitleid und erbarmen zu spüren. im gewaltfreien kampf setzt man sich
nicht mit lebenszerstörenden waffen zur wehr, sondern appelliert
an das gute im menschen und versucht, dem opponenten durch diskussion
die ungerechtigkeit seines handelns bewusst zu machen und ihn so zum einhalten
zu bewegen. ich bin bereit, für meine ideale zu sterben, nicht aber,
dafür zu töten, lautet daher der wichtigste grundsatz des gewaltfreien
kampfes" - wer so schreibt und glaubt, dem setzt man am besten eine
hochkarätig christliche kommission vor die nase, bestehend aus einem
christlichen teologen, einem explizit christlichen psychoterapeuten, der
nebenbei als redaktionsmitglied einer christlichen zeitung und als christlicher
berater für lebensfragen fungiert, und einen dritten akademiker ("unabhängige
leute aus der breiten bevölkerung", so stellenleiter werenfels
und andere), der an der katolischen universität freiburg, dirigiert
von ordensleuten der cattolica, über politische bildung von
jugendlichen' doktoriert hat. wenns ums prinzip geht, braucht man eben
unabhängige leute, die zum beispiel auch offiziere sind, und als
"die hälfte der kommissionsmitglieder sind frauen" höchstens
noch eine quotenfrau qua weiblicher sachbearbeiterin!
über einen der gewissensprüfer ist folgendes im internet zu
erfahren (www.kirchenbote.ch/zuerich/glaubeleben/zivildienst/vernunft.htm):
die einführung eines zivildienstes habe er schon seit längerem
für überfällig gehalten (es gibt kommissionsmitglieder,
die angeben, 18 jahre dafür gekämpft zu haben - gewaltlos wohl.
obwohl jene, die sich öffentlich für die vorlage eingesetzt
hatten, als mitglieder der kommission nicht wählbar waren: nicht
neutral!). zu beginn seiner tätigkeit in der aus unabhängigen
zivilpersonen(!) bestehenden kommission sei er nicht überzeugt gewesen,
"dass es möglich ist, das gewissen eines menschen in einem solchen
verfahren zum sprechen zu bringen". aber er neige heute zu einer
"eingeschränkt positiven antwort, dass eine motivationserklärung
in sach- und menschengerechter, würdiger und fairer weise möglich
ist." nur: "wer aus bloss rationalen erwägungen gegen den
sinn des militärdienstes argumentiert, macht damit noch keine moralischen
gründe geltend." die ratio, die vernunft, ist noch von allen
grossen kirchenlichtern, bis und mit heute, zur fähigkeit degradiert
worden, die gnade gottes zu erkennen' - wer darüberhinaus vom
baum der erkenntnis pflückt, begeht eine sünde. weiss man endlich,
mit wes geistes kind man es in diesem zivildienstprozedere zu tun hat?
wohl eine furchtbare vorstellung (eines oberleutnants? majors? gar höher?),
der krieg werde eines tages aus rationalen gründen abgeschafft! wo
denn anders könnte man sich weiterhin gewaltgeladen und männlich-potent
gebärden, ohne auf widerspruch zu treffen?
nun also, rein rational argumentiert carlo ja nicht. ob er seine religiöse
sache zu wenig tiefschürfend erläutert? aber der herr psychologe
vertritt im nebenleben ja auch religiöse dinge, wenn vielleicht auch
etwas kuriose, dafür mit ebenbürtigem, nein, höherstehendem
impetus! der zürcher kirchenbote' führt ihn als ständigen
freien redaktionsmitarbeiter einer zeitung auf, in der dann so schöne
dinge stehen wie "wach bleiben und beten", "ich möchte
nach jesu vorbild leben, also salz der erde sein, licht sein, das leben
teilen, wach bleiben" wieder und "beten". "es gibt
so schöne bilder dafür in der bibel". gewiss doch, gewiss,
namentlich heilsame zitate jesus', des liebesbotschafters schlechthin:
"wer aber ein wort sagt wider den hl. geist, findet keine vergebung,
weder in dieser noch in der zukünftigen welt" (mt. 12, 32; wer
aber für ihn bei der gewissensprüfung eintritt, freilich auch
keine so gestrengen prüfer wie carlo!). "wer glaubt und sich
taufen lässt, wird gerettet werden, wer aber nicht glaubt, wird verdammt
werden" (mk 16, 16 - wohl die vielgepriesene liebesbotschaft'?).
"hinweg von mir, ihr verfluchten, ins ewige feuer, das dem teufel
und seinen engeln bereitet ist!" (mt 25, 41.) und solche froh- und
drohbotschaften en masse, samt zugehörigem geister- und gespensterpersonal!
wer da glaubt, diese religion schüre nicht seit 2000 jahren den krieg,
die ausbeutung, die dummheit, ist naiv, ein ignorant oder ein lügner!
dass die zustände hierzulande, heute, mit einem ayatollah-regime
nicht zu vergleichen sind, liegt nicht am christentum, sondern daran,
dass es nicht fundamentalistisch genug geglaubt wird, dass es eigentlich
überhaupt nicht mehr geglaubt wird. aufklärung spricht nicht
für das christentum, sondern für seinen niedergang.
aber er ist auch noch als lebenshelfer tätig, der herr psychoterapeut.
unter dem titel glaube und leben' frohlockt der kirchenbote':
"du bist du. du bist nie ich. ich bin nie du. mich selbst werdend,
wage ich ein du auszusprechen. kein baum ist wie ein anderer. zwar gleichen
sich die birnbäume, die nussbäume. aber jeder hat seine spezifische
form, sein ganz persönliches, charakteristisches aussehen. kein blatt
gleicht einem anderen. zwar gleichen sich alle kirschbaumblätter
oder birkenblätter. aber jedes einzelne blatt..." "kein
anderer mensch lebt, denkt, träumt, lacht, weint, isst, singt, tanzt,
geniesst, fühlt genau wie ich. es ist anstrengend, dieses ich zu
sein, zu werden. es braucht immer wieder mut und ein ehrliches ja zu meiner
persönlichkeit. es ist anstrengend, meine baum-und-blatt-originalität
zu leben." und dann wieder: "ich bin ich. ich bin ich, nicht
du. mein wert ist nicht meine nützlichkeit, nicht meine leistung,
nicht meine brauchbarkeit. meine wichtigsten fragen sind darum, solange
ich bin: wer bin ich jetzt?" undsoweiterundsofort. wahrlich ein hoher
intelligenzausweis, in so einem team mitzuarbeiten! zu schweigen von der
kompetenz, das gewissen eines gesuchstellers auszuleuchten!
der andere gewissensprüfer, über den im netz etwas näheres
zu erfahren ist, hat gar eine eigene homepage kreiert (www.relatio.ch/sites/mediation/medfs.html),
der teologe nämlich, auch er als lebensberater tätig: büro
für lebensberatung und beziehungsfragen, religion, mediation in konflikten,
trennungs-, scheidungs- und familienmediation. angebote in erwachsenenbildung'.
"keine teuren kampfscheidungen! kein streit um kinder, haus, hund
und auto! keine erniedrigungen! eine neue basis für kommunikation
finden! optionen für die zukunft entwickeln! waffen an der garderobe
abgeben!" steht alles so da. 120.-/h der eine tarif, 180.-/h der
andere. wahrscheinlich mengenrabatt. wenns dann doch ein bisschen kampfscheidung
sein darf: erstellen einer gerichtsfähigen konvention bei 3-4 sitzungen
2000.- oder doch 2500? jenachdem wohl, ob schön kampflos oder nicht.
seelsorge pro stunde 100.-. oder 150.-. je nach fönlage vermutlich.
doch immerhin, eines qualifiziert den teologen gewiss für seinen
etwas weniger gut, aber doch auch nicht schlecht bezahlten nebenjob: "der
mediator muss vor allem zwischen positionen und haltungen unterscheiden.
er verfügt über metoden, welche dogmatische positionen hinterfragen
kann (singular), und er setzt dagegen die selbstbehauptung und -bestimmung
als menschenrecht." eine glaubwürdige ausgangsposition, gesuchsteller
abzulehnen, nicht wahr? gut gebrüllt jedenfalls, herr teologe! dass
man dabei amtskirchlicher- und beruflicherseits manchmal von dogmen etwas
eingeschränkt ist, etwas gar eingeschränkt in einer gottlos
gewordenen welt, sehr eingeschränkt sogar, um es unumwunden zu sagen
- ach gott, damit hat man leben gelernt, und nicht zu schlecht, gar nicht
zu schlecht! "jede behauptung, die der wahrheit des erleuchteten
glaubens widerspricht, erklären wir für falsch"! oder doch
lieber das offenbarungsmodell der erkenntnis' gefällig? ist
man katolisch, herr teologe, oder protestantisch? das ist ja heute, bei
lichte besehen, kein so grosser unterschied mehr, nicht wahr, wo doch
die welt ein grosses dorf und der kirchenstreit ein alter schnee von gestern.
reichhardt von thüringen vielleicht, protestantischer bischof? "schuldige
dankespflicht gegen gott und adolf hitler treibt uns, uns feierlich und
einmütig hinter den mann zu stellen, der unserem volk und der welt
gesandt ist, die macht der finsternis zu überwinden!" tönt
doch fast schon biblisch! und ist gar nicht lange her! verzeihung, man
ist ja doch auch als teologe ein bisschen schweizer, nicht wahr, und nicht
der schlechtesten einer, obzwar: das christentum ist international, aufs
grosse angelegt, aufs grösste, auf den ganzen erdball, auf die ewigkeit!
wie friedensstiftend doch auch unser zwingli, unser calvin. die haben
immerhin auch ganz schön hinrichten lassen. vorbilder diesseits und
jenseits des religionsgrabens, noch heute, herr teologe, leuchtende! da
wird man sich doch von einem buddisten nicht lumpen lassen! indes heutigentags,
so mit demokratie und menschenrechten, es ist ein kreuz, man sich begnügen
muss, als mediator lediglich ein wenig "die räume zu öffnen",
indem man "machtstrukturen transparent und damit diskutabel macht."
na also! das wäre ja schon ein anfang! und schliesslich und überhaupt
müssen wir uns alle zur decke strecken, die wirtschaft, die wirtschaft!
sagte ich wirtschaft? oh ja, mediation in der wirtschaft: "sie durchschaut
positionen und entwickelt aus ihnen haltungen, welche sich grundlegend
am gesamten firmeninteresse orientieren und in die zukunft weisen".
und am menschen wohl nur insoweit, als er der firma nützt!
wie nun kann man bei der befragung vorgehen, wenn man dem gesuchsteller
wirklich auf den zahn fühlen will, eventuell ausnutzen kann, dass
er vielleicht, wie mancher guter schreiber, ein schlechterer redner ist,
als den er sich im verlaufe des gesprächs, das harzig und von gegenseitigem
unverständnis geprägt verläuft, selber definiert? immerhin
ist carlo so schlecht nicht: "es geht mir darum, gewaltfrei zu leben
und nicht zu töten. deshalb kann ich keinen militärdienst leisten...
uniformierung und bewaffnung drücken gewaltbereitschaft aus... nach
meiner überzeugung ist es schlimmer, zu töten als getötet
zu werden... das recht ist anders zu schützen, ohne zu töten.
ich glaube nicht, dass der feind einfach die bösen sind. einzelne
soldaten können durchaus erbarmen haben, wenn jemand sich nicht wehrt
- es sind menschen, nicht bestien." man fährt ihm in die parade:
"es gibt jede menge gegenbeispiele!" worauf carlo erwidert:
"es ist wahr, dass man mit gewaltlosem widerstand unter umständen
das eigene leben hergeben muss." was denn dem tötungsverbot
diese absolute gültigkeit gebe, wird carlo, laut anhörungsnotiz,
weiter gefragt. "dass es ein schritt auf dem richtigen weg ist. in
einem konflikt fühlen sich beide seiten im recht. jede denkt, gewalt
sei legitim, das recht zu schaffen. (wie wahr doch! wieviel unseres rechts
ist durch gewalt entstanden, praktisch die ganze eidgenossenschaft! um
dies zu wissen, muss man allerdings nicht nur die schulbücher lesen,
aber auch.) da muss man das denken ändern, nicht beharren, dass man
selber im recht ist." ob denn recht haben nicht objektiv sei? (die
christlich-objektiven normen der sittlichkeit!' oder: das gewissen
ist keine autonome und ausschliessliche instanz, um zu entscheiden, was
gut und was böse ist; ihm ist vielmehr ein prinzip des gehorsams
gegenüber der objektiven norm tief eingeprägt' - enzyklika des
papstes veritatis splendor' 1993.) "ob es objektiv ist",
erwidert carlo, "kann der mensch nicht wissen." "wie sehen
sie es im heutigen jugoslawien? ist beides recht? beides falsch?"
carlo: "es ist einfach, von hier aus zu urteilen. nach meiner überzeugung
ist es falsch, einen konflikt mit gewalt lösen zu wollen." gewalt
von welcher seite, bohrt man trotzdem weiter. die gewalt der vertreibung...was
man dagegen tun könne (als hätte man selber ein anderes rezept,
eine andere idee als krieg!). carlo: "natürlich ist das unrecht,
was milosevic da macht. aber mich dünkt, dass durch die gewalt der
nato noch mehr leid entsteht." doch nicht genug, man insisitiert:
"einer hat angefangen - spielt das eine rolle?" als hätte
er ausweichende oder unklare antworten gegeben! "schlussendlich kann
es nur dann ausarten, wenn die andern mit gewalt daherkommen. so kann
die menschheit ausgelöscht werden." darauf die kommission unerschrocken:
"was kommen da in ihnen für gefühle auf? da unten wird
getötet - sie dürfen nicht töten..." (was ein rechter
christ sein will, muss wohl blut riechen? gerade in einem religiös
dermassen aufgeladenen konflikt?) carlo: "gerade durch das einmischen
der nato kommt noch mehr gewalt hinein, und es bringt keine lösung."
worauf man weiter zur attacke bläst: "ihre emotionen, wenn sie
das da unten sehen? joschka fischer musste seine gewaltlosigkeit aufgeben.
(der strassenkämpfer!) es ging nicht auf. (wie gut man das doch weiss!)
ihre gefühle dazu?" carlo: "angst vor ausweitung."
jetzt ist er doch vielleicht eine spur verlegen; oder etwa noch nicht?
also noch einen drauf: "was haben sie damit zu tun? (obwohl carlo
das tema jugoslawien gar nicht aufs tapet gebracht hat!) geht sie das
etwas an? sind sie froh, in der schweiz in sicherheit zu sein?"
tendenziöse fragestellung an den temen des gesuchstellers vorbei?
dabei habe sich noch keiner beschwert, sagt anton keller, der präsident
der kommission. gleich nach der anhörung dürften die gesuchsteller
in einem formular anmerken, ob sie fair oder unfair behandelt worden seien.
wie mancher wird sich getrauen, unfair anzukreuzen, wenn noch unklar ist,
ob man ihm wohlgesinnt ist oder nicht? retorische frage!
man nagelt carlo weiter fest, weiss, dass jetzt antworten kommen könnten,
mit denen sich buddisten (und nicht nur sie) nur schwer die achtung der
kommission zuzuziehen vermögen: "weitere verpflichtende grundsätze!"
carlo: "bin im moment überfordert von solchen fragen."
"versuchen wir sie anders zu stellen: wie müsste die welt aussehen,
dass sie gut wäre?" antwort: "weiss nicht, ob die heile
welt möglich ist, aber danach streben, das muss man." darauf
die belehrung: "man muss sich für diese ideale rühren."
klaro, wach bleiben und beten'! kein baum ist wie ein anderer'!
es gibt so schöne bilder dafür in der bibel'! positionen
durchschauen und haltungen entwickeln', möglichst eine militärische
haltung! sich grundlegend am gesamten firmeninteresse orientieren'
und in die zukunft weisen'! "ist moral eine haltung in ihrem
leben oder nur in bezug aufs militär?" "würden sie
leiden im militär?" dann kann man carlo gleich ruhigen gewissens
zum psychiater schicken! "verstehen sie unsere fragen?" "hatten
sie eine beratung?" "was würden sie tun, wenn das gesuch
abgelehnt würde? was ist ihnen wichtig im leben?" carlo, eingeschüchtert(?):
"wenn man an gott glaubt oder religiös ist, dann kommt es automatisch,
dass das leben wertvoll ist und man es nicht zerstören darf. die
armee ist dafür eine schreckliche vorstellung. in der heutigen zeit
ist es nicht so einfach, sich für religiöse fragen zu öffnen."
schliesslich vermerkt das protokoll: keine antwort. stützt
kopf auf, verdeckt gesicht mit händen, verzweifelt.' dann geht man
zum stellenleiter nebenan, fragt ihn, ob man eine neue anhörung anberaumen
dürfe. der meint, wenn carlo schon mal so einen zusammenbruch erlebt
habe, brächte eine neue anhörung sicher nichts'. dann
wird die anhörung noch eine weile fortgesetzt, carlo äussert
noch, dass der mensch nicht objektiv urteilen könne. der mensch müsse
tun, was für ihn persönlich und jetzt stimme. (kirchenbote:
meine wichtigsten fragen sind darum, solange ich bin: wer bin ich
jetzt?') er sei für die abschaffung der armee. "sie sagen",
hält man dem entgegen, "die absolute wahrheit hätten wir
nicht. (welch ein irrtum, bei den offenbarungen und beglückungen
des christentums!) es geht um das, was für sie gilt. christentum?"
carlo: "ich bin von den biblischen geschichten geprägt worden.
habe das nicht in der pubertät plötzlich aufgegeben, sondern
erweitert." die kommission: "was ist für sie in allen religionen
richtig?" carlo: "die 10 gebote sind zentral für alle religionen.
das wichtigste ist das tötungsverbot." warum er sich nicht habe
konfirmieren lassen? (ein abtrünniger? ein abtrünniger!) carlo
erwidert, damit hätte er ja gesagt zum protestantischen christentum,
und das würde bedeuten, dass die andern religionen ausgeschlossen
wären. schliesslich erschöpft sich die anhörung unter den
kommissions-stichworten glaubensverletzung und militärdienst, depressionen
(unter denen carlo früher gelitten hatte, weil sein kindlich-christliches
weltbild zusammenbrach, wie er im gesuch schreibt), hitler und auschwitz
und manifestation des göttlichen.
zum dessert ein paar wochen später der abschlägige bescheid
der zentralstelle zivildienst', in dem zwar attestiert wird, dass
carlo, wie im hier nicht weiter vorgestellten lebenslauf beschrieben,
erlebt habe, wie freunde in drogen, gewalt und familienkonflikte involviert
gewesen seien, dass er darob in eine eigene lebenskrise geschlittert sei,
aus welcher er dank der hinwendung zum buddismus herausgefunden habe mit
dem vorsatz und ziel, ein studium aufzunehmen und sich anschliessend in
einer höheren gesellschaftlichen stellung für randgruppen, für
mehr toleranz und damit für ein friedliches zusammenleben einzusetzen.
doch erfülle er die erfordernisse an einen gewissenskonflikt mit
dem militär nicht in genügender weise, weil sich das gespräch
schwierig gestaltet habe, weil es ihm nicht gelungen sei, tragende grundsätze
als elemente seiner lebenshaltung darzustellen. "zu erfahren, dass
menschen nicht einfach in gut und böse eingeteilt werden können,
löste in ihnen zunächst eine grosse verunsicherung aus. im buddismus
fanden sie dann dafür eine für sie gültige begründung
in der erkenntnis, dass alle menschen göttlichen ursprungs sind und
somit alles gute in sich tragen. das ändert am bestehen von gut und
böse als kategorien des handelns jedoch nichts. (wie man sich doch
auskennt!) sie verwahrten sich aber (?) deutlich gegen die kühnheit,
sich darüber ein urteil anzumassen. das ist laut ihren ausführungen
nur auf der ebene der objektiven wahrheit möglich. demnach erkennt
ein sehr unbestimmtes göttliches (!) allein gut und böse und
bewirkt, dass die falschen wege in sackgassen münden. dem menschen
aber sprechen sie explizit die fähigkeit des objektiven urteils ab.
wenn es nicht sache des menschen sein kann, zwischen gut und böse
zu unterscheiden, dann ist der etischen argumentation, welche sich essentiell
auf werturteile zu stützen hat, der boden gänzlich entzogen.
jeder moralische anspruch an das handeln des menschen muss erlöschen,
und es kann gar kein gewissen geben." welch filosofische beamtenworte!
und so trefflich! "sie führten ihren angeblichen gewissenskonflikt
auf die gewaltlosigkeit und das tötungsverbot zurück, denen
sie so stark verpflichtet seien, dass sie eher zu sterben bereit wären
als zu töten. während sie das tötungsverbot als das wichtigste
der 10 gebote und als zentralen punkt aller religionen im gesuch auf die
erkenntnis zurückführten, dass gott sich in jedem lebewesen
manifestiere, entzogen sie in der anhörung generell jeder begründung
den boden, indem sie mühe bezeugten, etwas so bestimmt auf
eine ursache zurückzuführen'. zudem verweigerten sie sich in
der anhörung der diskussion religiöser fragen' mit der
begründung, es sei in der heutigen zeit nicht so einfach, sich für
diese diskussion zu öffnen. weil sie aber in den schriftlichen und
mündlichen darlegungen einen sehr persönlichen religiösen
werdegang und das religiöse' als die wichtigste grundlage einer
individuellen werthaltung bezeichnet hatten und dem tötungsverbot
eine überragende bedeutung zuzusprechen schienen, wäre es für
das glaubhaftmachen eines gewissenskonflikts unerlässlich gewesen
und es durfte erwartet werden, dass sie über beides ausreichend umfassende
angaben machen könnten. diesen anspruch erfüllten jedoch ihre
beteuerungen nicht, es handle sich für sie um mehr als schlagworte
und wenn man an gott glaube oder religiös sei, komme es automatisch',
dass das leben wertvoll sei und man es nicht zerstören dürfe.
sie haben die sie angeblich bestimmenden religiösen inhalte nicht
beleuchtet und nicht aufgezeigt, wozu und weshalb sie sich in der behaupteten
bewussten und intensiven auseinandersetzung mit verschiedenen religionen
entschieden hätten(!!). deshalb blieb das tötungsverbot, welches
das zentrum ihres heutigen glaubens darstelle, entgegen ihren beteuerungen
in ihren vorbringen ein schlagwort. andere gedanken wie die entwicklung
des menschen zur erleuchtung deuteten sie nur an."
und weiterer spitzfindigkeiten die fülle! wie spannend doch so ein
job! welch schöne aufgabe, quasi am busen der jugend sich fürs
allgemeinwohl einzusetzen, staatstragend, wertvoll, wertedemokratisch!
und welch rabulistisches geschnorr für gutes gehalt und eine schöne
pension!
noch ein supplément gefällig? aus einem interview mit kommissionspräsident
anton keller: "wir müssen glaubwürdig sein gegenüber
den leuten, die den militärdienst nicht mit ihrem gewissen vereinbaren
können, und ihnen die chance zum zivildienst geben. anderseits müssen
wir die glaubwürdigkeit auch auf die armee oder die bürgerliche
seite hin erreichen, die dem zivildienst mit grosser mehrheit ihre unterstützung
gegeben hat. sie erwartet jetzt von dieser kommission, dass sie ihre arbeit
seriös erledigt und das gespräch mit den gesuchstellern fundiert
führt. sie soll nicht den eindruck erwecken, es seien alles rasche
gefälligkeitsentscheide. das wäre für die ganze sache auch
nicht gut, das könnte sich auch für die zivildienstleistenden
negativ auswirken, wenn man das gefühl hätte, jeder könne
ungeprüft zivildienst statt militärdienst leisten. das möchte
ich auch nicht."
weiter so!
buchtip: theo logisch, "das ist euer glaube!" angelika lenz
verlag 1998
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