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schandfleck.ch_archiv/2002/nr.1
michael bürgin
über die arbeit
unser ganzes leben ist geprägt von arbeit. jeden tag haben wir früh am morgen aufzustehen und bis am abend zu schuften. dieses gehorchen verfolgt uns schon als kleine kinder und geht weiter bis ins hohe alter.

mit dem schulzwang fängt alles an. früh lernen wir, was es heisst zu gehorchen, denn je jünger und naiver das menschliche denken ist, umso besser kann man es manipulieren. wir lernen, unser natürliches gefühl auszuschalten und den verstand zu brauchen. was verstand heisst, ist nicht, was uns bestimmt. verstand heisst gehorchen, und wir lernen solange, bis wir uns einbilden, dass es richtig ist. wer sich in der schule zur wehr setzt, wird bestraft, wenn es sein muss, ist gewalt dabei eine sehr wirkungsvolle massnahme. strafen dienen dazu, kindern ihr noch freies denken aus dem kopf zu schlagen, sie recht zu erziehen, damit sie ja nicht faul bleiben, sondern später tüchtig arbeiten werden.
irgendwann kommt der moment, wo wir die wahl haben, für was wir uns tagtäglich rumhetzen lassen wollen. man will von uns profitieren, man will mit uns geld machen, also haben wir zu produzieren, überfluss zu produzieren, als wären wir maschinen, für eine von schule, medien und machtgierigen politikern gesteuerte gesellschaft. und selbst zum konsumieren werden wir gezwungen, wenn wir überleben wollen. wir werden nicht dazu erzogen, für unser leben selbst zu sorgen, manch einer von uns würde verrecken ohne überfüllte supermärkte, also bleibt uns gar keine andere möglichkeit übrig. das individuelle wird ausgerottet, alles richtet sich nach einer unselbstständigen masse.
produkte werden von fabrik zu fabrik geschoben, die eine fabrik funktioniert nicht ohne die andere. in diesem teufelskreis werden täglich lebensmittel, und zwar nicht in geringen mengen, weggeworfen, während in andern erdteilen die fehlende nahrung das problem nummer eins ist. bei den unmengen von abfall zerstören wir nicht nur uns selbst, sondern auch unsere ganze umwelt. bei der fabrikation kommt jedes produkt genau gleich heraus, monotonie bestimmt unser leben, die kreativität des menschen schwindet dahin.
aber wozu all dieser unnötige überfluss? erstens ist unsere gesellschaft so sehr an ihren aufgezwungenen konsum und wohlstand gewöhnt, dass sie nicht dasrauf verzichten könnte. und zweitens braucht jeder seinen arbeitsplatz, um sein geld zu verdienen. so ist es eingerichtet in der heutigen welt. ohne geld sind wir gar nicht berechtigt zu existieren, wir haben nicht das recht auf existenz, ohne jeden tag ehrverletzende, unmenschliche, erniedrigende, ja verachtende arbeit zu leisten und uns in das schema der lohnsklaverei einzufügen und mitzumachen.
hierarchie betrachten die meisten leute als etwas ganz normales, sogar als etwas notwendiges. bosse kassieren etliches mehr, mit der begründung, sie müssten "verantwortung tragen". befehle austeilen heisst also verantwortung tragen und dafür mehr lohn kriegen, so einfach verdreht man dem volk wörter im munde, und die masse der sklaven glaubt es. sie können ja froh sein, die versklavten, dass sie einen arbeitsplatz haben dürfen, nein, dankbar sollten sie sein und ehrfurcht bewahren vor vorgesetzten.
wer wieviel geld verdient, hängt von der leistung ab, die er/sie bringen kann. frauen sind rein vom körperbau schwächer, ausländer haben eine niedrige bildung und schlechte sprachkenntnisse. doch bei der kleinsten kritik an diesem system werden schon die stimmen laut, die das typische schweizerische kompromiss-denken vertreten, früher sei es uns noch viel schlechter ergangen, das seien noch harte zeiten gewesen, oder andernorts, in drittweltländern zum beispiel, gebe es noch kinderarbeit, und die menschen arbeiteten zu hungerlöhnen, und überhaupt profitierten wir nur davon und konsumierten genau diese produkte. da soll also die verantwortung auf einmal auch noch bei uns liegen, wenn wir von klein auf lernen, dass der uns zur verfügung gestellte besitz die einzigen werte sind und karriere und geld dementsprechend das ziel sind? klar ist, dass wir solche umstände nicht akzeptieren können, aber es liegt leider nicht in unserer hand, dies zu ändern. wir haben nicht die möglichkeit dazu, die haben die grossen machthaber dieser welt, die das ganze steuern.
und wenn von seiten der unterdrückten dann mal ein gezielter anschlag auf bestimmte ziele verübt wird, schreit die ganze welt erschrocken auf. grund genug, steuergelder in armeen zu stecken, aufzurüsten, eine hetzjagd auf ganze völker zu starten, krieg zu führen, menschen zu foltern, zu vertreiben, zu morden, verelenden zu lassen, verhungern zu lassen, zu versklaven; grund genug, hierzulande auf alarmstufe rot zu schalten, sofort alle grenzkontrollen zu verschärfen, endlich wieder auf recht, ordnung und sicherheit zu pochen, massenhaft bullen einzusetzen, neue flüchtlingswellen zurückzuweisen und andere "illegale" ausländer ohne arbeit, die nicht rentieren, abzuschieben, da arbeitsplätze gefährdet sind und sowieso jeder ein potenzieller krimineller ist.
nach gerechtigkeit in dieser welt fragt niemand, nicht die "beschäftigten", wie es so schön heisst, und schon gar nicht die "verantwortung tragenden". wir dürfen dafür in der spärlich übriggebliebenen zeit nebst der arbeit unsere rechte, auf die wir in der schweiz so stolz sind und die der grund sind, weshalb es uns hier so gut geht, ausnützen und unsere stimme zur wahl geben, in der hoffnung, etwas verändern, verbessern zu können. eigenes denken ist dabei fehl am platz, dafür gibt es lehrer, journalisten und krawattenträger, die uns das abnehmen. sehr bequem eigentlich, so, wie der alltagskonsum. wir haben nur zu arbeiten, ausländer und ungebildete am fliessband, schweizer männer auf der befehlsstufe in der arbeitshierarchie. da soll mir noch einer kommen und behaupten, kapitalismus bedeute freiheit!

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