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schandfleck.ch_archiv/2000/nr. 4/leserbrief
jens
leserbrief
ich habe mir im laufe der letzten tage mal einige schandflecke durchgelesen und muss zugeben, dass ich den autoren zuweilen doch sehr widersprechen muss.

ich habe den militärdienst verweigert, weil ich der ansicht bin, dass meine arbeitskraft verschwendet würde. ich will damit aber nicht zum ausdruck bringen, dass das militär an sich sinnlos ist. ich plädiere für eine viel kleinere, dafür aber hochspezialisierte, technisch gut ausgestatte armee, die international einsetzbar ist.
die aussage, soldaten seien mörder, die des öfteren in dieser oder ähnlicher form in schandfleck-berichten auftaucht, halte ich für zu pauschal und oberflächlich. ist denn ein polizist, der einen geiselnehmer erschiesst, ein mörder? ich meine nein. natürlich wünsche auch ich mir eine welt, in der es allzeit harmonisch zugeht und in der jeder jeden und alles toleriert. aber so ist es wohl nicht, wenn wir den alltäglichen berichten aus aller welt glauben schenken dürfen. wenn wir die armee nicht brauchen, um unser land, europa, oder unsere werte zu verteidigen, dann brauchen wir sie, um anderen staaten in der welt in notlagen zu helfen. natürlich könnte man einwenden, dass es ohne armeen und waffen nie zu den kriegen, die rund um den globus wüten, gekommen wäre, aber dieser ansatz führt in eine sackgasse. es ist nun mal so gelaufen und man kann die fehler der vergangenheit nicht mehr ungeschehen machen. wir europäer haben, so hoffe ich jedenfalls, gelernt, dass kriege uns nicht weitergebacht, sondern nur geschadet haben. es ist nun unsere aufgabe, zu verhindern, dass der rest der welt unsere fehler wiederholt. und da kriege wie z.b. jener in ost-timor sich durch gutes zureden und lichterketten in der kölner innenstadt nicht beenden lassen, brauchen wir eine armee, die den streithähnen die stärke der demokratie deutlich vor augen führt. das ist jetzt vielleicht nicht 100%ig politisch korrekt, aber es soll menschen geben, die nur auf sehr direkte und primitive signale reagieren.
ich hoffe, ihr versteht, was ich damit sagen will. meiner ansicht sehen einige autoren in den schandflecken nur noch schwarz oder weiss. eine differenzierte betrachtung fällt da manchmal schwer. einer schreibt z.b. man könne sein friedliebendes wesen auch daran erkennen, dass er vegetarier sei, und keine tiere essen könne. das mag jetzt gesponnen klingen, aber wer kann denn mit abschliessender sicherheit sagen, dass pflanzen keine gefühle haben? nur weil sie sich uns nicht mitteilen können, ist das gegenteil noch nicht bewiesen. aber ich komme hier jetzt vom hundertsten ins tausendste.

jens, freiburg i.br.

 

 >> replik michael mäder - aber schwarzmalen macht doch spass!

danke, jens, für deinen brief!                                                          tatsächlich sind wir von der reaktion der ansicht, dass soldaten mörder sind! ebenso polizisten, die, wie kürzlich in chur geschehen, einen psychisch angeschlagenen "amokschützen" (er ballerte vom balkon aus auf einen wintergarten), umbrachten nach stundenlangem warten kam vom kommandanten der befehl, den "finalen rettungsschuss" abzufeuern. eine warnung blieb aus. betäubungsgas war zu teuer. aus meiner sicht mord.                                       du räumst ein, armeen müssten halt in gewissen fällen "den streithähnen die stärke der demokratie vor augen führen". jens, bist du denn sicher, dass dieses edle argument jemals der wirkliche grund für eine militärintervention war? waren nicht vielleicht interessen- und machtpolitische hintergründe oft massgebend für eine gewalttätige ver(schlimm)besserung der jeweiligen situation? (stichwort interessenpolitisch": kuwait / öl; stichwort "machtpolitisch" kosovo / positionsstärkung der nato, hinwegsetzen über uno mandat/...)                   kannst du denn wirklich annehmen, dass wer eine waffe in der hand nimmt , was gutes im sinne haben kann? dein ausdruck "schwarz oder weiss" sehen ist betreffend unserer haltung sicher nicht fehl am platz: "weiss" die konsequente ablehnung von organisierter gewalt. "schwarz" jede idee, dass organisierte gewalt manchmal auch richtig sein kann, je nach situation, interesse oder gefühlslage!

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