schandfleck.ch_archiv/1999/nr.4 |
markus
werner
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das zitat |
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hätte
ich einen sohn, so würde ich ihm raten, den militärdienst nicht
zu verweigern, sondern abzuleisten und dabei zu erfahren, was für ein
jämmerlicher mensch er sein kann, wieviel er sich gefallen lässt,
wie unerklärlich infantil er sich benimmt, wie nervös er sich
bei den kameraden erkundigt, ob man nun mit oder ohne pelerine, mit oder
ohne schutzmaske oder brotsack ausrücken müsse, wie er vor der
inspektion der ausrüstung mit panik feststellt, dass einer seiner zwei
hörschutzpfrofen fehlt, dass das einknöpffutter seines mantels
teilweise gräuelt und dass die borsten seiner anstreichbürste
zu einem klumpen zusammengewachsen sind. er würde sich als zwanzig-,
dreissig- oder vierzigjähriger mann noch auf kommando straffen, er
sammelt sich, wenn jemand "sammlung !" brüllt. und irgendwann
merkt er vielleicht, dass er das militär nur deshalb hasst, weil es
einen menschen aus ihm macht, den er nicht kennt und kennen will, einen
verächtlichen menschen, eine verkrümmte natur, die sich alljährlich
aufs neue demütigen und idiotisieren lässt, und hätten die
frauen auch nur einen schimmer davon, zu welchen schmachvollem verhalten
ihre männer und freunde fähig sind, so müsste im grunde genommen
das gesamte eidgenössische und europäische und globale liebesleben
zusammenbrechen, genug, die erinnerung ans militär ist für mich
die erinnerung an eine selbstentfremdung, die erinnerung ans militär
schnürt mir die kehle zu, weil die erinnerung zugleich immer und in
erster linie die erinnerung an einen mir unbegreiflichen und verdorbenen
menschen ist. plötzlich steht er neben mir, dieser uniformierte und
geduckte und also um einen kopf kleinere doppelgänger mit seinen verkrüppelten
instinkten, und sein anblick treibt mir den schweiss aus den poren.
markus werner / opfertshofen/sh |
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