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die autoren des vorliegenden
manifests scheinen sich mit der allgemeinen wehrpflicht für schweizer
männer abgefunden zu haben, obwohl sie sich sonderbarerweise kriegsdienstverweigerer
nennen. sie greifen sie mit keinem wort an, mahnen bloss, über eine
reduktion der mittel für die schweizer armee nachzudenken. sie bestreiten
in keiner weise die berechtigung eines auf dieser verpflichtung beruhenden
zivildienstes, der ein erzwungener dienst ist, nörgeln zwar ein bisschen
herum, wollen ihn auf weitere personen ausdehnen, für die er freiwillig
wäre, verkennen aber, dass es längst gute organisationen gibt,
bei denen freiwillig zivildienst geleistet werden kann, ohne den ballast
eines teuren verwaltungs- und beamtenapparates.
mal abgesehen davon, dass das ding in der verfassung ziviler ersatzdienst
heisst (ersatz nämlich für die wehrpflicht) und dass nicht von
einem rechtsanspruch, ihn zu leisten, die rede sein kann, sondern vom
etwas kleinlicheren recht, ein gesuch stellen zu dürfen, wenn man
mann ist und wehrdiensttauglich - ich halte es für inakzeptabel,
angesichts der weltweit verheerenden folgen militärischen denkens
und handelns nicht die logische, ja zwingende forderung nach der abschaffung
des militärs (und damit der wehrpflicht) zu stellen. es ist doch
mit ein paar kosmetischen korrekturen nicht getan, es geht doch nicht
an, einfach davon zu palavern, die "volksarmee", wie wir sie
gekannt hätten (welch eine ausdrucksweise!), sei quasi nicht mehr
zeitgemäss und habe keine militärische berechtigung mehr (ist
das alles?), weil andere staaten die rekrutierung verschöben oder
abschafften. welche staaten? wo in aller welt verschwinden nächstens
armeen? es verschwinden keine armeen, und nirgendwo ist der militarismus
im abnehmen begriffen, und gerade dies wäre doch festzustellen, anzuprangern,
blosszustellen! es wäre doch deutlich zu sagen, dass es armeen und
die bereitschaft, in irgendeinem von regierungen befohlenen notfall zur
waffe zu greifen, in zivilisierten staaten gar nicht geben dürfte!
nachdenklich stimmt mich das wort kriegsdienstverweigerer, das, hierzulande
fast ohne tradition und definition, wie ein knochen ohne fleisch dem grösstenteils
bodenständigen parlament vor die füsse geworfen wird. warum
plötzlich nicht mehr militärverweigerer? ein ausgezeichneter
begriff, der zeigt, dass das militär, insbesondere auch in der schweiz,
ein repressions- und machtapparat ist, der auf sehr viele zivile bereiche
einfluss nimmt, eine innenpolitik des law and order fördert, der
verflochten ist mit der wirtschaft, mit der ausländerpolitik, der
die pfoten auf die erziehung und die ausübung bürgerlicher rechte
legt, siehe die einsätze, die diese armee bisher geleistet hat. es
braucht gar keinen krieg, den es in der schweiz ja schon lange nicht mehr
gab, um die schädlichkeit des militärs und des militarismus
aufzuzeigen. oder wäre der begriff kriegsdienst in solche genannten
zusammenhänge zu bringen? wohlan! warum steht nichts davon im manifest?
warum eine solch schwammige handhabung problematischer begriffe? stossend
ist auch, dass das "recht auf kriegsdienstverweigerung" (das
eben in tat und wahrheit gar nicht existiert) auf gewissensgründe
beschränkt sein soll. kein wort über andere gründe! kein
wort davon, dass staat und kirche definieren, was ihnen als gewissen in
den kram passt, welche andern überzeugungen sie dagegen immer noch
ächten, kriminalisieren! und wären es schlechte gründe,
was soll ich sagen, faulheit, ein starkes gefühl von widerwillen,
vaterlandslose gesinnung, wären es solche oder andere irgend denkbare
gründe, die einen mann veranlassen, militärdienst zu verweigern
- er tut damit etwas schlechtes, unsoziales, barbarisches eben gerade
nicht! es wären noch weitere punkte aufzulisten, die doch sehr verwirren
und die frage aufkommen lassen, wes geistes kind dies manifest ingesamt
ist. etwa, wenn von unseren vorfahren erzählt wird, die des glaubens
an die überlegenheit des weissen mannes gewesen seien. ich glaube,
dieser glaube rechtfertigt nicht nur, sondern ist an sich schon rassismus,
und so, wie das manifest zu formulieren beliebt, wären damit kolonisation,
sklaverei, unterdrückung der frauen und der rassismus selbst nachträglich
schöngeredet. ich glaube überdies, es handelt sich dabei nicht
um irgendwelchen glauben "unserer vorfahren" (à propos:
alte kulturen wussten längst, dass die erde nicht im zentrum der
welt steht und dass sie sich um die sonne dreht), sondern um die jahrtausendalte
lüge, einschüchterung und ausrede christlicher fürsten,
und christlich nannten sich schlichtweg alle in jenen jahrhunderten, von
denen in etwa die rede sein dürfte, das recht des stärkeren
gegenüber dem schwächeren durchzusetzen, ausbeutung zu betreiben,
raub, mord und die abschlachtung ganzer völker und kulturen, nicht
nur heidnischer übrigens. unsere vorfahren! unsere? schliesslich
wäre die einsicht, krieg sei keine "natürliche schicksalshaftigkeit"
wohl doch nicht in den "kopernikanischen wenden" zu suchen und
nicht in wissenschaftlichen ergebnissen, sondern in einer uralten, leider
sehr unterdrückten tradition der menschlichkeit, die weiser ist und
gütiger als alle von den mächtigen gnädigst gebilligte
und nach möglichkeit für ihre interessen missbrauchte wissenschaft
und aller von oben herab verordneter und erpresster "glaube unserer
vorfahren", und beide hoffentlich überlebt.
ich schlage ein anderes
manifest vor. erster und einziger punkt, den man durchaus auch ohne die
kommission brunner und die solidaritätsstiftung begründen könnte:
- abschaffung der
armee und der wehrpflicht und verbot aller andern denkbaren zwangsdienste.
weshalb fordert ihr
nicht dies?
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