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schandfleck.ch_archiv/1999/nr.1
lukas lüscher
 
chance chavornay
vom militär zum zivildienst - ein reisebericht

chavornay sei eine chance für uns, meinte der oberleutnant gleich zu beginn. das kleine waadtländer bauerndorf südlich von yverdon war dazu auserwählt worden, während 12 wochen eine 150 rekruten umfassende kompanie der rekrutenschule von chamblon zu beherbergen. eine kaserne gab es da zwar keine, dafür jedoch ein grösseres haus und einen luftschutzkeller, worin ein drittel der rekruten (darunter auch der autor) platz finden sollten. auf dem hügel von chamblon sei kein platz mehr für uns, liessen die vorgesetzten verlauten. deshalb müsse man sich jetzt eben mit dieser - freilich nicht ganz so komfortablen - unterkunft abfinden. uns rekruten war eigentlich nicht ganz klar, worin diese chance denn bestehen sollte, von welcher der oberleutnant sprach, denn im reiseprospekt ("mitmachen") waren weiche betten und grosse aufenthaltsräume abgebildet gewesen, welche wir hier vergeblich suchten. im luftschutzkeller gab es verständlicherweise keine fenster. die belüftungsanlage sorgte allzeit für überfeuchte luft, und die betten (drei übereinander) verdienten ihren namen nicht. auch das bügelschloss hatten wir vergeblich mitgebracht, denn die persönlichen schränke fehlten ebenso wie sonstige gestelle zum verstauen der persönlichen ausrüstung. zwar gab es im haus eine küche, doch fehlte der esssaal, welcher im 10 fussmarschminuten entfernten buffet de la gare angemietet werden musste. duschen gab es zwar genügend, jedoch nur unten im keller, weshalb jeweils diejenigen zwei drittel der kompanie, welche über der erde wohnten, zu uns hinuntersteigen mussten.

es schien, als wäre der entscheid, unsere kompanie in chavornay unterzubringen, erst in allerletzter minute getroffen worden. dies erstaunt angesichts der tatsache, dass schon seit einem jahr bekannt war, wieviele rekruten in diesem jahr einrücken würden, und somit die auslastung der einzelnen kasernen ausführlich hätte analysiert werden können. meines wissens standen im selben sommer andere kasernen zur hälfte leer...

die grosse zahl an unannehmlichkeiten sorgte gleich zu beginn für eine nicht eben rosige stimmung, weshalb sich besagter oberleutnant dazu gezwungen sah, in die zukunft zu blicken und uns die chancen vor augen zu führen, welche sich uns anbieten würden. so sagte er z.b., wir kämen hier in den genuss einer gewissen freiheit, da wir uns fernab von der kaserne chamblon mit dazugehörigen scharfäugigen vorgesetzten befänden. auch werde die verlegung für uns keine grosse umstellung mehr bedeuten (allerdings!).

chavornay war ein beweisstück militärischer organisationskunst. die dringend benötigte infrastruktur liess lange auf sich warten. die zusätzlichen duschcontainer mussten erst von irgendwo aus dem oberland herangeschafft werden, während lokale handwerker sich daran machten, die wasserleitungen zu erstellen. die dürftig zusammengebastelten gestelle unten im keller ermöglichten keine ordnung im militärischen sinne, was den vorgesetzten anlass zu vermehrten materialkontrollen gab. im kommandobüro hielt man es ausserdem für sinnvoll, alle paar tage eine neue raumordnung ins leben zu rufen, wodurch am ende gar niemand mehr wusste, was wohin gehörte und überhaupt.

eine woche lang fand ich das schauspiel hin und wieder ganz amüsant. in der zweiten woche hatte ich meine meinung schon gänzlich geändert... allmählich wurde mir klar, dass ich vom aushebungsoffizier völlig falsch eingeteilt worden war. dieser hatte mich trotz meiner nicht übermässigen sportlichen leistungen an der aushebung als füsilier eingeteilt und mir versprochen, ich könne dann ganz bestimmt und meinen damaligen wünschen entsprechend fahrer werden, was sich später als unwahrheit erwies. die falsche einteilung war jedoch nur einer der gründe für meinen meinungswechsel...

das nun folgende prozedere in zusammenhang mit meinem ausscheiden aus der armee dauerte rund ein jahr und endete mit der aufnahme in den zivildienst. der weg führte über die verschiedensten stellen, angefangen beim psychologischen dienst der armee. die einzelnen stationen verdienen eine genauere betrachtung. es geht mir darum, die teilweise nicht ganz so professionelle beziehungsweise rechtlich nicht korrekte arbeitsweise der einzelnen stellen aufzuzeigen und kritisch zu hinterfragen. ausserdem möchte ich der frage nachgehen, aus welchen gründen menschen aus der armee ausscheiden und weshalb es nicht ganz einfach ist, einen gewissenskonflikt zu beweisen.

zurück nach chavornay... die militärische ausbildung hatte inzwischen voll eingesetzt, und mit ihr auch die ideologische unterrichtung der rekruten, wenn ich die teorielektion "feindbilder" einmal so nennen darf. was ich anlässlich dieser theorielektion zu hören bekam, hat mich in verschiedener hinsicht schockiert und mein bild von der schweizer armee entscheidend verändert: der dozierende major versäumte es nicht, seine eigenen feindbilder gleich zu den allgemeinen feindbildern der schweizer armee werden zu lassen. so behauptete er zum beispiel, die umweltschutzorganisation "greenpeace" sei eine "staatsterroristische organisation", womit er sie flugs in den gleichen topf warf wie die wirklichen terroristischen organisationen. ausserdem meinte er, terroristen würden in erster linie an den universitäten rekrutiert, womit auch ein kleiner seitenhieb gegen die ach so verhassten studenten vollzogen war. weiter liess er es sich nicht nehmen, seiner bewunderung für amerika (eine in der armee weitverbreitete neigung) ausdruck zu verleihen, indem er verkündete, amerika habe "sehr gute einsätze im ausland geleistet". die armee lässt es zu, dass irgendwelche leute ihre teilweise persönlichen und politisch höchst unkorrekten hassgefühle gegenüber leicht beeinflussbaren 20jährigen jugendlichen äussern können und dabei erst noch militärischen schutz geniessen, da jegliche auflehnung seitens der rekruten augenblicklich bestraft werden könnte. besonders in der heutigen zeit, wo die armee in ermangelung konkreter feindbilder nicht mehr so recht weiss, gegen wen sie ihre waffen eigentlich richten soll, kann teilweise gefährliches gedankengut unzensuriert und nach eigenem gutdünken zusammengestellt an die jugendlichen weitergegeben werden. diese tatsache erscheint mir nicht unproblematisch. die bereitschaft zur gewalt gegen einzelne gruppen von menschen (wie eben z.b. studenten oder umweltaktivisten) wird hier bereits gefördert. die armee hat sich mir nicht als eine sogenannt neutrale organisation präsentiert, welche zum schutze der eigenen bevölkerung aufrechterhalten wird, sondern vielmehr als eine organisation, welche versucht, ihre existenz durch heranziehen irgendwelcher fadenscheiniger feindbilder im in- und ausland zu rechtfertigen und dabei politisch völlig unkritisch vorgeht. ich finde es beängstigend, dass fähigkeiten, welche den kindern in der schule beigebracht werden, wie toleranz gegenüber anderen kulturen, bereitschaft zur kommunikation und friedensliebe, in der rekrutenschule teilweise wieder zunichte gemacht werden. in der armee wird den jugendlichen klar gesagt, wo die grenze zwischen freund und feind, zwischen gut und böse liegt. im militär erlernt man eine art freund-feind-denken, und damit die nuancen zwischen diesen beiden "extremen" zu vergessen. am ende spielt es nur eine rolle, ob man schiessen soll oder eben nicht. über all dem steht eine grundeinstellung, welche meiner ansicht nach die mutter aller gewaltsam ausgetragenen konflikte ist: der glaube daran, dass konflikte mit gewalt auch tatsächlich beigelegt werden können. solange dieser glaube aufrecht erhalten wird, besteht auch die bereitschaft vieler, auf andere leute zu schiessen. wenn wir gewaltsame konflikte vermeiden wollen, müssen wir demzufolge damit aufhören, jährlich tausende von jugendlichen in diesem sinne auszubilden. der erste schritt in richtung einer gewaltfreieren welt muss an diesem punkt getan werden, denn waffen sind erst dann nicht mehr gefährlich, wenn niemand mehr bereit ist, sie einzusetzen.

mir fiel es schwer, mich mit dem militärischen denken und dem militärischen umgangston anzufreunden. ich verstand nicht, weshalb es menschen nötig haben, sich von früh bis spät zu beschimpfen. noch weniger wollte es mir einleuchten, dass korporäle, welche kaum ein jahr älter waren als wir, freude daran fanden, die ihnen unterstellten rekruten zu schikanieren, um ihnen ihre überlegenheit zu beweisen. was bringt einen 21jährigen mann dazu, sich mit folgenden worten an seine 20jährigen kollegen zu wenden: "wenn ihr (während der übung) etwas trinken wollt, fragt ihr mich am besten zuerst, nicht dass ich euch dann links und rechts 'chläpfen' muss, bis ihr nicht mehr aufstehen könnt!" ich wollte nicht akzeptieren, dass menschen ungeniert so miteinander umgehen können. deshalb gelang es mir auch nicht "abzuschalten", wie es mir von verschiedener seite her empfohlen wurde. vielen kollegen ist es gleich gegangen. sie ertrugen dieses klima nicht. für mich war bald einmal klar, dass ich unter diesen umständen eine rs nicht absolvieren konnte. ich wollte auch nicht lernen, wie man andere menschen fesselt, ohnmächtig schlägt oder gar umbringt. besonders die ständige präsenz geistiger gewalt gab mir zu denken. gegen irgend jemanden richtet sich ja die schweizer armee, das wird niemand verneinen können. auch wenn zur heutigen zeit keine klar umrissenen feindbilder bestehen, sind für die militärischen übungen doch irgendwelche szenarien nötig. niemand wird sich im schiessstand oder auf der kampfbahn wohl vorstellen, er müsse gegen eine armee von aggressiv gewordenen gartenzwergen ohne seele antreten. es liegt vielmehr nahe, sich menschen vorzustellen, die einem hinter dem nächsten hügel auflauern ("und dann aus der deckung hoch und tac, tac, tac... und wieder in deckung...", zitat eines vorgesetzten). man denkt also schnell einmal an menschliche feinde, wenn man schiessübungen macht. auch wenn niemand offen sagt, die feinde wären zum beispiel die franzosen oder die russen, werden diese oder andere völker ohne weiteres gedanklich als feinde in betracht gezogen. das ist für mich die erwähnte geistige gewalt.

mit der inneren auflehnung gegen diese umstände begann eine schwierige zeit, denn es war nicht vorgesehen, dass man sich in irgendwelcher weise gegen den militärischen betrieb auflehnte. der entscheid, aus der rekrutenschule auszutreten, erfolgte in der zweiten woche, wobei ich kurz darauf selbst noch einmal einen versuch machen wollte, doch weiterzufahren. ab der dritten woche war mir jedoch klar, dass der austritt unumgänglich war. zu diesem entscheid war es eindeutig während der rekrutenschule gekommen, denn eingerückt war ich mit einer einigermassen neutralen einstellung nach dem motto "rs absolvieren - ja, weitermachen auf keinen fall!". natürlich war mir von vornherein klar, dass es mir aus den bereits erwähnten gründen in der armee nicht sonderlich gefallen würde. dennoch zeigte ich, in unkenntnis der wirklichen umstände, anfänglich die bereitschaft, den militärdienst zu absolvieren. um so schwieriger wurde es deshalb für mich, den vorgesetzten glaubhaft darzulegen, aus welchen gründen es mir dennoch nicht möglich war, die rs zu beenden. mit jeder positiven willensäusserung legt man sich selber steine in den weg. wer nicht von anfang an nein sagt zur armee, wird erst an jenem tag entlassen, an dem er dienstunfähig wird. der weg bis zu diesem punkt ist alles andere als angenehm.

vom militärpsychologen erhoffte ich mir hilfe. doch dieser schien nur wenig verständnis für einen rekruten zu haben, der den militärischen betrieb nicht mehr ertrug. vielmehr sah er seine aufgabe darin, mich wieder aufs militärische gleis zurückzubringen und mich darauf hinzuweisen, dass ich lediglich keinen willen mehr hätte weiterzumachen. ausserdem erklärte er, dass es auch zu seiner zeit leute gegeben habe, die mühe mit dem militärischen betrieb gehabt hätten und die man trotzdem irgendwie "mitgeschleift" habe. nur schon der gedanke an dieses "mitschleifen" schien mir grauenhaft. nach der 15-minütigen unterredung war ich keinen schritt weiter gekommen, sondern zweifelte noch mehr daran, ob ich jemals rauskommen würde. der psychologe versicherte mir auch noch, dass mir sein "gutachten" vor späteren kommissionen eventuell nicht nur vorteile bringen werde. wenn ich wirklich austreten wolle, müsse es mir erst einmal ein bisschen schlechter gehen...

in den kommenden tagen machte mir vor allem die angst zu schaffen. ich befürchtete, in eine lage zu geraten, in welcher ich mein gewehr nicht mehr beherrschen würde und es somit zu einem unfall kommen könnte. in der tat wäre dies bei dem schlafmangel auch kein wunder gewesen. viele militärunfälle sind die folge von übermüdung. es ist mir heute noch nicht klar, weshalb die ruhezeiten in der armee bewusst dermassen tief gehalten werden (bei uns waren es 5 stunden pro nacht). ich sprach mehrmals beim truppenarzt vor, welcher einiges verständnis aufbrachte. trotzdem wurden übermüdung und psychostress immer schlimmer. ich erlebte viele situationen, in welchen wir stundenlang warten mussten und anschliessend wieder von einer minute auf die andere körperliche höchstleistungen hätten erbringen sollen. einmal gelang es mir nicht mehr, dem laufschritt des zuges zu folgen. als ich zu einem begleitenden korporal sagte, ich könne nicht mehr schneller gehen, meinte dieser nur, der mensch wäre zu viel mehr fähig, als er selber glauben würde.

bald darauf - die vierte woche ging ihrem ende zu - wurde ich vom felddienst dispensiert, da es mir nun offenbar schlecht genug ging. anfänglich kam es niemandem von den vorgesetzten in den sinn, sich um meine weitere zukunft zu kümmern. schliesslich durfte ich während eines verlängerten wochenendurlaubs einen privaten psychiater besuchen. nun forderten auch die vorgesetzten eine klärung der sachlage. mit einem ärztlichen attest, in welchem die notwendigkeit weiterer abklärungen erwähnt wurde, rückte ich in der fünften woche wieder ein und konnte dieses, nachdem ich wiederum einige zeit gewartet hatte, dem truppenarzt überreichen. darauf ging alles ziemlich schnell. schon bald wurde mir mein entlassungstermin mitgeteilt. der tag der entlassung lag nun recht nahe, wäre da nicht noch die geschichte mit meinen militärschuhen gewesen. vermutlich auf grund eines fehleintrags im zeughaus stimmte die nummer im dienstbüchlein (eine ziffer davon) nicht mit derjenigen in den schuhen überein, worauf ich (fälschlicherweise, wie sich später herausstellte) dazu aufgefordert wurde, für das sogenannt fehlende paar schuhe 260 franken bar zu bezahlen. da ich nicht soviel geld bei mir hatte und auch über keine postcard verfügte, wurde mir die entlassung verweigert. ich könne zwar schon nach hause fahren und das geld holen, wenn ich wolle, doch müsse man mir dann umgehend die heerespolizei hinterher schicken, liess der feldweibel verlauten. es gab nur eine lösung: jemand musste nach chavornay fahren und das geld bringen, was mein vater letztlich gegen ende der fünften woche tun musste. damit endete meine militärische karriere.

im oktober desselben jahres hatte ich vor der untersuchungskommission zu erscheinen. mittlerweile hatte der private psychiater auch ein gutachten ausgearbeitet, welches der kommission vorlag. der wortführer trug einen kampfanzug (zur einschüchterung?) und schien seine meinung gefasst zu haben, noch ehe ich den raum betreten hatte. die "unterredung" dauerte fünf minuten. nachdem mein gutachten als "ungenügend" abgetan worden war, wurde mir sogleich die frage gestellt, ob denn nicht der zivildienst etwas für mich wäre. dies konnte ich natürlich nicht verneinen, da ich ja jeden weiteren militärdienst vermeiden wollte. im anschluss wurde mir eine dokumentation zum zivildienst ausgehändigt, womit ich wieder entlassen war. das vorgehen der untersuchungskommission erschien mir höchst unprofessionell. die untersuchungskommission hat ihre eigentliche aufgabe, nämlich meine tauglichkeit zu überprüfen, nicht richtig wahrgenommen. zu einer fachgemässen beurteilung wäre zweifelsohne eine befragung notwendig gewesen. es ist durchaus möglich, jemanden allein aufgrund eines psychiatrischen gutachtens auszumustern. dass jedoch ein ehemaliger rekrut trotz gutachten ohne persönliche befragung weiterhin als tauglich eingestuft wird, ist fragwürdig. die ablehnung meines gutachtens, worin meine ausmusterung empfohlen wurde, geschah zweifelsohne willkürlich.

in diesem zusammenhang möchte ich auch noch einen gesetzlichen sachverhalt ansprechen, der mir als absurd erscheint. das gesetz schreibt vor, dass ein zivildienstleistender militärdiensttauglich zu sein hat. damit wird im prinzip stillschweigend angenommen, dass ein militärdienstuntauglicher auch nicht zivildiensttauglich ist, obwohl dies in der praxis kaum je der fall sein dürfte. nach dem oben beschriebenen, militärischen ausmusterungsverfahren kann es nun durchaus sein, dass ein rekrut aufgrund eines psychiatrischen gutachtens oder wegen anderer gründe als untauglich eingestuft wird und somit dem zivilschutz zugeteilt wird, während ein anderer, welcher aus den genau gleichen gründen nicht militärdienst leisten kann, weiterhin als tauglich eingestuft wird und somit zivildienst zu leisten hat. obwohl beide gleichermassen fähig sind, zivildienst zu leisten, werden sie somit zwei grundverschiedene wege gehen: der eine leistet einen (zweifelsohne sinnvollen) dienst, welcher die anderthalbfache dauer des normalen militärdienstes beträgt, während der andere lediglich alle paar jahre einige wenige tage zivilschutz zu leisten braucht. überhaupt ist es seltsam, dass zivildienstleistende in dem sinne "bestraft" werden, dass ihr dienst das anderthalbfache des normalen militärdienstes dauert, obwohl sie ja dem staat einen in meinen augen mindestens gleichwertigen dienst erweisen, welcher somit auch nicht länger zu dauern brauchte. offenbar wird der zivildienst in weiten kreisen nach wie vor als minderwertig und der zivildienstleistende als vaterlandsverräter betrachtet, welchem man heute gnädigerweise eine alternative zum militärdienst gewährt, während man ihn früher für einige monate hinter gitter geschickt hätte.

kurz nach dem entscheid der untersuchungskommission reichte ich ein gesuch um zulassung zum zivildienst ein. gleichzeitig rekurrierte ich auch gegen den uc-entscheid, um mich gegen eine eventuelle wiedereingliederung in die armee abzusichern. dieser rekurs blieb bis heute unbeantwortet! neun monate später wurde ich zur gewissensprüfung der zivildienstabteilung des bwa eingeladen. wenige tage danach war es endlich soweit: vom bwa erhielt ich bescheid, dass mein gesuch gutgeheissen worden sei.

an der gewissensprüfung müssen die zivildienstanwärter unter anderem glaubhaft darlegen, weshalb sie sich in bezug auf die militärdienstleistung in einem gewissenskonflikt befinden. diese aufgabe ist nicht lösbar, sofern man sich nicht in einen gewissen idealismus flüchten kann. niemand kann leugnen, dass es kriege gibt und dass man sich gegen die damit verbundenen greuel schützen muss. aber es gibt mehrere möglichkeiten, sich gegen gewalt zu wehren. wir können, wie es die armee tut, gewalt mit gewalt bekämpfen. wir können aber auch versuchen, die gewalt dadurch einzuschränken, indem wir ihrer entstehung entgegenwirken. der zweite weg setzt auf einer tieferen stufe an, dort wo die bereitschaft zur gewaltanwendung entsteht und sich die frage stellt, ob man gewalt anwenden soll oder nicht. er mag in einem gewissen sinne idealistisch sein, doch letztlich können wir kriege nur vermeiden, indem wir den frieden wollen. und den frieden erreichen wir wohl kaum mit einem sturmgewehr in der hand.

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