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aus: "die
missratene kultur"
als mann von der strasse
weiss ich, was ich zu tun habe. das wurde mir eingebläut:
"du sollst nicht töten. du weisst, was geschieht, wenn du tötest.
ausser du bist im krieg." dann befiehlt die real-politik':
"du sollst töten. wenn du es nicht tust, wirst du getötet,
wegen feigheit vor dem feind. wenn du viel tötest, wirst du belohnt,
wegen tapferkeit vor dem feind." als ob ich zum wirklichen töten
je den wunsch gehabt hätte.
du, die realpolitik',
bist keine person und doch persönlich. trotzdem sage ich du zu dir,
aber kleingeschrieben.
du lässt deine untertanen in den krieg ziehen, obwohl "du sollst
nicht töten" auch für dich uneingeschränkt gilt. warum
missachtest du das? du glaubst es zu dürfen, denn du führst
ja auch, so bildest du dir ein, gerechte kriege, z.b. um menschenrechte.
dass du sie dabei verletzest, muss dich nicht kümmern, denn du opferst
dich, bzw. deine untertanen, mit dem segen der weltöffentlichkeit,
du bist populär. ausserdem hast du dir ein uno-mandat erschwindelt,
also das recht' zum töten. dass du dabei dein eigenes ideal
opferst, das zur gründung der uno und zur menschenrechtskonvention
führte, weisst du. wie viele deiner jünger sind so dumm, das
nicht zu wissen?
du hättest allerdings etwas eleganter vorgehen können, z.b.
mit boykott. das hätte weniger lärm verursacht. in den nachrichten
würden nicht täglich die erschossenen gezählt; und über
verhungernde zivilisten' hört man kaum etwas in den medien.
irgendwie hättest du dich besser produziert, in den augen der weltöffentlichkeit.
aber das braucht dich auch nicht zu kümmern, denn wahrscheinlich
vergehen jahrhunderte, bis die feststellt, dass du keine gute politik
warst, z.b. kolonialzeit, sklavenhandel. jetzt bist du die moderne realpolitik',
obwohl du auch mit deinem boykott menschenrechte verletzest. hörst
du, du verletzest die natürlichsten rechte der menschen, die dich
gewählt haben, dich, die realpolitik'. viele deiner jünger
wollen nichts davon wissen, dass sie die konventionen verletzen. glaubst
du wirklich, du könntest so das vertrauen in dich, das ich verlor,
jemals zurückgewinnen? vergiss das, du würdest dich selbst belügen,
was allerdings zu deinem alltagsgeschäft gehört.
wenn du in deinem namen krieg führst, also einen ungerechten, solltest
du dich vorsehen. verlierst du ihn, musst du damit rechnen, gnadenlos
vor die weltgeschichte treten zu müssen. wenn du sieger bist, sind
deine chancen bestens, und wenn du zudem der weltwirtschaft einen lukrativen
handel anbietest, unantastbar. du würdest in diesem fall als held
in die geschichte eingehen. die weltgeschichte akzeptiert dann, dass du
getötet hast. deine helden werden gefeiert, obwohl sie kriegsverbrecher
sind.
in deinem sehr langen leben handeltest du mit immer derselben mentalität.
du hast jungen menschen deine uniformen übergestülpt, sie zum
abschuss freigegeben und zugleich als henker verurteilt, in den krieg
befohlen. dabei durftest du das wunder erleben, dass sie gingen, sich
abknallen liessen und deinen auftrag, henker zu sein, heldenhaft erfüllten.
billigend hast du dabei in kauf genommen, dass ihre angehörigen auch
umkamen.
töten bereitet dir ohnehin wenig kummer, denn du weisst: nur wenn
es in der ganzen menschheit niemand mehr gäbe, der die gewalt akzeptiert
und rechtfertigt, könntest du nicht mehr töten. du kannst dich
also getrost hinter dem volk verstecken und von dort aus das töten
befehlen. schliesslich hat es dich ja gewählt. es' ist der
mann von der strasse, den du dankbar opferst. dankbar deshalb, weil du
ihn, nicht er dich verheizen kann.
du solltest dich aber nicht zu sehr freuen. denn du bist nur eine figur,
meistens eine lächerliche, welche der menschheit vordemonstriert,
dass die gewalt ein wahnsinnsrad ist - das ist das einzig gute an dir
- an dem jeder mensch dreht, der die gewalt als letzte alternative akzeptiert.
und wer tut das nicht? als figur bestimmst du deine mentalität nicht,
sie ist das spiegelbild der gesinnung des mannes von der strasse.
eines vergisst du gerne: weder du noch ich - deine lieben mitbürgerinnen
und mitbürger' - können uns aus unserer verantwortung stehlen.
wir sollten handeln wie die bedingungslose liebe. nur die versöhnlichkeit,
eine ihrer stärksten eigenschaften, beendet alle konflikte, das weisst
du - ja, noch mehr: sie lässt gar keine aufkommen. wir haben dieselbe
aufgabe: die versöhnlichkeit, die gleichwertigkeit aller menschen
und die gewaltlosigkeit üben, bedingungslos auszuüben. du und
ich wissen schon längst wie, weil wir die wahrhaft göttliche
lebensregel bestens kennen:
"liebe deinen nächsten wie dich selbst"
wir können auch
weiterhin diese regel missachten, und die frau von der strasse, mit ihren
kindern vom mann von der strasse, in ihrem blut ertränken. ich sage
wir: denn ohne mich kannst du das nicht tun und ich nicht ohne dich. ich
möchte das aber nicht, weil ich eingesehen habe, dass nicht die gewalt,
sondern die liebe allein frieden und gerechtigkeit schaffen kann. diese
einsicht fehlt dir noch, obwohl deine praxis seit jahrtausenden dir keinen
erfolg zum nachhaltigen frieden gebracht hat. das gegenteil ist der fall.
warum siehst du das nicht ein, mit deiner hohen intelligenz, auf die du
dir so viel einbildest?
warum propagierst und praktizierst du nicht die liebe, die politik
der gewaltlosigkeit'? warum ist m. gandhi für dich eine komische
randfigur, den du spöttisch halbnackter fakir nennst? hat er nicht
das grosse' england mit dieser politik auf die knie gezwungen? warum
hast du jenen anschauungsunterricht nicht dazu ausgewertet, deine mentalität
zu ändern?
glaubst du mit kriegen deinen wert erfüllen zu können? für
m. gandhi erfüllte er sich in der gewaltlosigkeit. hitler, der zur
selben zeit wirkte, scheiterte an der gewalt. wie alle und alles, findest
auch du deine werterfüllung nur gewaltlos. warum begreifst du das
nicht?
ich weiss nicht, warum
du die liebe nicht praktizierst. ich, ein mann von der strasse, versuche
es und kann dadurch sehen, was du schon immer warst: eine blutrünstige
und meistens lächerliche figur, die das weltgeschehen je länger
desto weniger im griff hat. du wirst kaum nochmals weltkriege in szene
setzen, viel eher wird es ein morden alle gegen alle geben. deine lieben
mitbürgerinnen und mitbürger' haben genug von deinen lügen,
sie werden je länger desto gewalttätiger. du brauchst dich nicht
zu wundern, wenn sie rebellieren. selbst schulkinder tragen waffen, die
sie auch einzusetzen wissen. glaubst du, dass die in zehn jahren noch
unbewaffnete freunde haben werden? ich weiss nicht, warum ich dir trotzdem
noch zuhöre. sind wir beide feiglinge, die den mut nicht aufbringen,
der wahrheit in die augen zu sehen, auf gewalt zu verzichten und bedingungslos
versöhnlich zu sein?
vielleicht berufst du dich auf gott, der seine auserwählten, angeblich,
in den krieg befahl. dabei weisst du in deinem innersten, dass das religiöse
lügen sind und es den gott der religionen nicht geben kann. warum
solltest du das nicht wissen, wenn ich das weiss, der dümmere von
uns beiden?! versuche dich nicht herauszureden, denn du weisst, welcher
weg zu frieden und gerechtigkeit führt. so lange du nicht nach dem
grundsatz regierst: "niemand darf die macht haben, als der wille
zur konsensfindung zum besten aller menschen", bist du zum regieren
untauglich. diesen grundsatz kannst du aber nur mit der nächstenliebe
praktizieren, von der du nichts wissen willst.
wir sollten mit und
für einander leben. du solltest aufhören, mich zum kriegshelden
auszubilden. ich sollte mich dir verweigern, wenn du es befiehlst. wir
sollten uns gegenseitig daran erinnern, wie bedingungslos die liebe ist.
ich bin ratlos, weiss nicht, warum wir die liebe missachten und dadurch
bereit sind, menschen für unsere interessen zu opfern. was mich von
dir unterscheidet, ist nur die einsicht, dass das der falsche weg ist.
das hast du zwar auch erkannt, aber du schraubst lieber an deinen gesetzen
und institutionen herum, anstatt zuzugeben, dass das seit jahrtausenden
nichts nützt und du dich selbst ändern musst.
ich wünsche dir
den mut zum bekenntnis, damit auch du deinen beitrag leisten und endlich
mithelfen kannst, den frieden und das recht nachhaltig aufzubauen. erst
dann kann es eine kultur geben, die diesen namen verdient. es wäre
die erste, seit es dich gibt.
wäre es nicht
besser, ich könnte aus überzeugung mit dir arbeiten, anstatt
gezwungenermassen, bedroht von deinen sinnlosen strafen? warum lasse ich
mich zwingen?
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